Österreichs Bundesregierung hat sich zwar das Ziel gesetzt, das Land bis 2040 klimaneutral zu machen. Doch wann es mit dem Verbrennen fossiler Energieträger tatsächlich vorbei sein soll, ist bislang nicht festgelegt. Ein Umstand, den die Umweltorganisation Global 2000 ändern möchte - und zwar über den Rechtsweg. Im Namen mehrerer Österreicherinnen und Österreicher zieht die NGO mit einer "Klimaklage" vor den Verwaltungs- und den Verfassungsgerichtshof. Ziel: Die Höchstgerichte sollen die Politik zwingen, einen fixen Stufenplan bis 2040 für das Aus von Erdöl, Kohle & Co festzulegen.

Bereits vor einem Jahr hatte Global 2000 im Wirtschaftsministerium einen entsprechenden Antrag eingebracht, war damit aber - erwartungsgemäß - abgeblitzt. Nachdem im vergangenen September auch das Wiener Verwaltungsgericht eine Beschwerde zurückgewiesen hatte, steht nun der Weg zu den Höchstgerichten offen. Nach Vorschlag der Kläger könnte sich Österreich etwa auf folgenden Fahrplan verständigen: ab 2025 ein Aus für Heizkohle, ab 2030 ein Aus für Heizöl, ab 2035 ein Aus für Diesel und Benzin im Verkehr und ab 2040 ein Aus fürs Kerosin im Luftverkehr. "Österreich importiert jedes Jahr fossile Energieträger um zehn Milliarden Euro. Das kann nur beendet werden, wenn es einen klaren Ausstiegsplan gibt", sagt Global-2000-Klimasprecher Johannes Wahlmüller. Das Thema Erdgas sei nicht Teil der Klage, weil es nicht in der Gewerbeordnung erfasst sei, um die es sich beim Begehren rechtlich dreht.

Recht auf saubere Luft als Basis

Inhaltlich knüpfen die Forderungen an zwei Rechtssprechungen aus der jüngeren Vergangenheit an, wie der mit der Causa beauftragte Rechtsanwalt Reinhard Schanda erläutert. Einerseits habe der Verwaltungsgerichtshof bereits festgestellt, dass Betroffene von Luftverschmutzung das Recht auf schärfere Gesetze haben, wenn EU-Richtlinien verletzt werden. Andererseits erkenne der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte an, dass Staaten bei der Abwehr von Naturkatastrophen eine Schutzpflicht zukommt. "Die Frage, die die Höchstgerichte jetzt zu klären haben, ist: Gilt das alles auch in Bezug auf die Klimakrise?", sagt Schanda. Vor allem sollen die Höchstrichter auch klarstellen, ob sich aus der EU-Lastenteilung bei der Reduktion der Treibhausgasemissionen ein Anspruch der Bürger auf Umsetzung ableiten lässt. Österreich soll seinen Treibhausgasausstoß demnach bis 2030 um voraussichtlich 48 Prozent unter den Wert von 2005 bringen.

"Wir hören tagtäglich, dass Klimaschutz auf Freiwilligkeit beruhe und müssen gleichzeitig zusehen, wie uns die Zeit davonläuft", kritisiert Klara Butz, Aktivistin bei Fridays for Future und eine der Klägerinnen. Mit im Boot ist auch der Wiener Pensionist Peter Fliegenschnee, der vor allem seine direkte Betroffenheit von den Folgen des Klimawandels ins Treffen führt: "Ich hatte einen Lungeninfarkt, einen Herzinfarkt und Bypass-Operationen. Ich fühle mich gesundheitlich durch die Erwärmung bedroht und will nicht einer der jährlichen Hitzetoten in Österreich werden."

Spektakuläres Urteil aus Deutschland

Ob das Ansinnen der Klimaschützer Erfolg haben wird, ist freilich offen. Hoffnung gibt ihnen das aufsehenerregende Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts aus dem Vorjahr. Die Richter in Karlsruhe gaben im April 2021 einer Klage junger Menschen recht, wonach Deutschland strengere Vorgaben zur geplanten Treibhausgasreduktion erlassen muss. Geschehe das nicht, seien die Jugendlichen "in ihren Freiheitsrechten verletzt", weil sie als Konsequenz des heutigen unzureichenden Handelns künftig viel radikalere Emissionsminderungen schlucken müssten. Als Folge besserte die deutsche Regierung das Klimaschutzgesetz deutlich nach, verschärfte die Reduktionsziele für das Jahr 2030 auf minus 65 Prozent und legte sich auf eine Klimaneutralität bereits für das Jahr 2045 fest.