Das Beben bei Seebenstein hatte eine Magnitude von 5,3 und war mehr als 500 Kilometer weit zu spüren - auch in Deutschland der damaligen Tschechoslowakei sowie Ungarn. In Österreich gab es zahlreiche Gebäudeschäden. Und Erdstöße in ähnlicher Stärke sind auch in Zukunft möglich, so die ZAMG.

"Dieses Erdbeben zählt mit den Beben von Schwadorf 1927 und Namlos 1930 zu den stärksten in Österreich im 20. Jahrhundert", sagte Maria-Theresia Apoloner, Seismologin an der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik. Die Epizentralintensität, welche die Auswirkungen des Bebens beschreibt, lag bei sieben bis acht Grad, was teils schwere Gebäudeschäden bedeutet. Selbst im mehr als 60 Kilometer entfernten Wien kam es zu Schäden. In den folgenden Tagen erreichten mehr als 1500 Meldungen die ZAMG.

Dem Haupt- folgten ein Nachbeben mit einer Magnitude von 4,0 sowie etwa zehn spürbare Nachbeben mit einer Magnitude über 2,0. Zusätzlich konnten etliche schwächere Erschütterungen an der Messstation in Wien registriert werden. Auf der Hohen Warte waren die Erschütterungen des Hauptbebens derart stark, dass ein Seismograph die Schreibnadel abwarf. Ein anderer versetze diese um einige Zentimeter.

In Niederösterreich stürzten in Guntrams und in Schwarzau zwei ältere Gebäude ein. Zwei Eisenkreuze fielen von den Kirchtürmen in Schwarzau. Im Dom in Wiener Neustadt fielen während des Gottesdienstes Mauerteile herab, verletzt wurde zum Glück niemand. Parkende Autos wurden vor allem am Hauptplatz durch herabfallende Bauteile beschädigt.

In Wien musste die Feuerwehr mehr als 400 Mal ausrücken, um etwa eingestürzte Kamine und herabgefallene Dachziegel zu beseitigen oder Häuser als sicher zu erklären. An der Universität stürzten zwanzig Meter der Balustrade herab. Glücklicherweise wurde niemand verletzt, da es Sonntag und dementsprechend ruhig war.

"Künfig wieder möglich"

"Auch in Zukunft kann es in Österreich zu ähnlich starken Beben wie 1972 kommen", sagte Apoloner. Beispielsweise gab es 2021 zwei Beben um die Magnitude 4,5 bei Neunkirchen in Niederösterreich. Sie waren etwa 30 Mal weniger energiereich als das Beben bei Seebenstein 1972 und betrafen daher einen wesentlich kleinerer Bereich. Auch heute ist es technisch nicht möglich das nächste Beben zu prognostizieren. Die Spannungen im Boden bauen sich über Jahrzehnte und Jahrhunderte auf und entladen sich in einem kurzen Moment, der nicht vorhersagbar ist.

Die ZAMG arbeitet aber an sehr kurzfristigen Warnungen. So könnten etwa bei der ersten gemessenen Welle eines Erdbebens, die noch keinen Schaden anrichtet, automatisch Kraftwerke abgeschaltet oder Brücken per Ampel gesperrt werden. Die Vorlaufzeit beträgt nur Sekunden, kann aber helfen, Schäden zu reduzieren. Langfristig und als Gesellschaft ist es wichtig die Erdbebengefährdung in Baunormen zu berücksichtigen, damit im Fall des Falles weniger Schäden auftreten.