Teller, Tank oder Trog – bei Getreide droht ein weltweiter Engpass. "In Österreich wurden laut Versorgungsbilanz für 2019/2020 47 Prozent des Inlandsverbrauchs verfüttert, 17 Prozent wurden für Nahrung verwendet und 31 Prozent wurden energetisch oder stofflich genutzt", sagte Stefan Hörtenhuber vom Institut für Nutztierwissenschaften an der Boku in Wien.

Da in Österreich viel Bioethanol, das Benzin beigemischt wird, exportiert wird, ist der Anteil bei der energetischen Nutzung höher als in der EU, so Hörtenhuber. EU-weit werden rund zwei Drittel des Getreides verfüttert und ein Drittel zu Nahrung verarbeitet, die energetische Nutzung mache in der EU nur rund drei Prozent aus.

Der Unterschied von Getreide zu anderen Futtermitteln sei, so der Wissenschaftler, dass Getreide bis zu 80 Prozent humanernährungstauglich sei. Bei Ölsaaten wie etwa Raps könnten nur etwa 30 Prozent in Form von Ölen für den Menschen als Lebensmittel genutzt werden, der große Rest wäre Abfall, würde er nicht verfüttert. Deshalb wird Sonnenblumen- oder Rapskuchen in der Tierhaltung als eiweißreiches Futtermittel eingesetzt.

Ineffizienz des Fleischkonsums

Den Bauern in Österreich wegen des Ukraine-Kriegs und einer deshalb drohenden Hungersnot in Afrika oder Asien vorzuschreiben, weniger Tiere zu halten, würde dennoch nicht funktionieren und für Unmut sorgen, sagt Hörtenhuber. Zwar gebe es in Österreich eine Überproduktion, bei Rindfleisch werden beispielsweise 140 Prozent des inländischen Bedarfs produziert, allerdings sei es in Österreich seit Jahrzehnten üblich, dass sich Landwirte auf eine agrarische Produktion spezialisiert und kein zweites Standbein haben. Die Viehzucht einzuschränken, würde diese Bauern deshalb hart treffen, weil sich die Investition in die Ställe nicht mehr amortisieren würden.

Besser als Vorschriften für die Produktion, so Hörtenhuber, wäre es, die Ernährungsempfehlungen zu beachten, denn der Fleischkonsum in Österreich sei im Durchschnitt viel zu hoch. "Eine gesunde Ernährung würde vor allem bei Männern die Fleischmenge auf zumindest die Hälfte reduzieren. Wenn sich die Ernährung ändert und die Tierhaltung sich daran anpassen kann, würde das einige Probleme lösen", sagte Hörtenhuber. "Die Veränderung müsste halt so ablaufen, dass die Landwirtschaft dabei nicht auf der Strecke bleibt."

Der Boku-Wissenschaftler geht ohnehin davon aus, dass sich die Ernährungsgewohnheiten nicht nur aufgrund gesundheitlicher Überlegungen, sondern auch aufgrund der Klimakrise ändern werden. Bei vielen jüngeren Menschen sei der hohe Fleischkonsum schon heute nicht mehr so stark verbreitet wie bei älteren Personen. Die Debatte der Ernährungssicherheit rund um den Ukraine-Krieg könnte diese Entwicklung beschleunigen, so Hörtenhuber.

Dazu komme, dass sich die Verfügbarkeit von Lebensmitteln und Futtermitteln aufgrund des Klimawandels weltweit verändert. "Ich denke, das wird über kurz oder lang schon Spuren hinterlassen", schätzt der Experte.

Generell gilt Fleisch als ineffiziente Ernährungsform mit hohem Ressourcenverbrauch. Für ein Kilogramm Schweinefleisch brauche man inklusive der Zuchtstufe rund drei Kilo Getreide oder Mais sowie bis zu ein Kilo Eiweißfutter, rechnete Hörtenhuber vor. Bei Geflügel sei es etwas weniger und bei Rindfleisch brauche man teilweise sogar mehr Kraftfutter. Dazu kommen in der Rindermast mindestens 10 Kilo oder deutlich mehr an Maissilage oder Wiesenfutter, das jedoch für den Menschen ohnehin nicht verwertbar ist.

Der "Wirkungsgrad" der Ernährung lässt sich auch anhand des Eiweißanteils berechnen. Bei Fleischprodukten ist dieser meist negativ. "In der Stiermast, bei der Schweinefleischerzeugung und auch in der herkömmlichen Geflügelmast wird mehr nahrungstaugliches Eiweiß verfüttert als dann in den Produkten dabei rauskommt", so Hörtenhuber. In der Rechnung bereits berücksichtigt sei, dass tierisches Eiweiß eine höhere Proteinqualität aufweist und dass Getreide und Ölsaaten nicht zu 100 Prozent vom Menschen verwertbar sind.

Bei Milch und Milchprodukten hingegen ist der Eiweiß-Wirkungsgrad mit dem Faktor vier positiv. Grund dafür ist der hohe Wiesenfutter-Anteil in Österreich. Für einen Liter Milch verfüttert der Bauer, die Bäuerin in Österreich nämlich nur rund ein Viertelkilo Kraftfutter, wovon ohnehin nur ein Teil nahrungstauglich wäre.