Vielen Österreichern wäre es wohl nicht unrecht, würde auch die Corona-Schutzimpfung in den Händen des Bundesheeres liegen. Denn das heimische Militär bewies von Beginn der Coronapandemie an hohe Kompetenz und Organisationsstärke. Bezeichnenderweise hat das Verteidigungsressort mit Generalmajor Andreas Pernsteiner auch seinen Cheflogistiker an das Gesundheitsministerium verliehen. Dort ist er für die Verteilung der Impfstoffe verantwortlich.

In kaum einem anderen EU-Land hat das Militär mehr zur Krisenbewältigung beigetragen als in Österreich. Das geht aus einer heute, Mittwoch, publizierten Studie des "Austria Instituts für Europa und Sicherheitspolitik" (AIES) hervor. In Bezug auf Einwohnerzahl, Größe der Streitkräfte und des Verteidigungsbudgets leistete das Bundesheer hier Überdurchschnittliches. Im Schnitt standen im Vorjahr täglich 1180 Soldatinnen und Soldaten im Covid-Assistenzeinsatz. Die Spitze wurde am 6. Dezember erreicht, als bundesweit Massentests stattfanden. 5800 Soldaten waren damals gleichzeitig im Einsatz, das sind 39 Prozent des Präsenzstandes. Dazu kam die erstmalige Aufbietung der Miliz im Sommer. Dadurch sollten drohende Personalausfälle durch Covid-19 (auch bei der Exekutive) abgefedert werden.

Viertgrößter Truppensteller

Was aus der Studie noch hervorgeht: Die Auslandsmissionen des Bundesheeres wurden deshalb nur unwesentlich zurückgefahren. Der Jahresdurchschnitt lag bei 770 Soldaten in 15 Einsätzen, derzeit sind es 875 Soldaten. Damit ist Österreich der viertgrößte Truppensteller in der EU (bezogen auf die Gesamtzahl der Streitkräfte). Nur Mitte April des Vorjahres gab es zeitweise eine Reduktion der Truppenstärke, insgesamt wurden übrigens im Vorjahr 23 Soldaten wegen einer Covid-19-Erkrankung aus dem Einsatz heimgeholt.

Ein an Covid-19 erkrankter Soldat wird mit einer Hercules ausgeflogen
Ein an Covid-19 erkrankter Soldat wird mit einer Hercules ausgeflogen © BMLV/Peter LECHNER

In vielen Bereichen konnte das Bundesheer Fähigkeiten einbringen, die sonst niemand hatte. Ein Beispiel: Als Schutzmasken zu Pandemiebeginn Mangelware waren, prüfte das Amt für Rüstung und Wehrtechnik Tausende auf Lager liegende sowie aus China importierte Masken auf ihre Verwendbarkeit. Später überbrückte das ABC-Abwehrzentrum Lieferengpässe durch die Wiederaufbereitung gebrauchter Masken. Zusammen mit den Covid-19-Tests sei das "eine Erfolgsgeschichte im Kampf gegen die Pandemie", wie die Studienautoren bescheinigen.

Schwachstelle Sanitätswesen

Sie weisen aber auch auf eine Schwachstelle hin. Während andere Armeen den Gesundheitsbehörden ihre Feld- und Militärspitäler für die Versorgung von Covid-19-Patienten zur Verfügung stellen konnten, hatte das Bundesheer nicht ein einziges Bett anzubieten. Das Sanitätswesen im Heer soll nach der einschneidenden Reform 2012 aber wieder gestärkt werden, kündigte Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) bereits an. Zur Studie sagt sie: "Unser Heer hat im internationalen Vergleich, trotz seiner vergleichsweise kleinen Größe, beeindruckende Leistungen vollbracht. Ein so breites Einsatzspektrum hatte unser Heer noch nie."

Fokus auf Kernfähigkeiten

Und dennoch soll das Militär gemäß seiner Rolle nur ein Ersthelfer in der Krise und ein Lückenfüller sein, um die staatlichen und zivilen Strukturen zu entlasten. Die Studienautoren mahnen daher mehrfach ein gesamtstaatliches Sicherheitskonzept ein, das auch an die neuen Herausforderungen angepasst werden müsse, "um die ressortübergreifende Krisenfestigkeit zu erhöhen". Für die Streitkräfte hieße das auch, dass sie "nicht nur nach rein ökonomischen Gesichtspunkten" zu strukturieren sind. Der Fokus müsse auf den Kernfähigkeiten liegen, ob sie nun gebraucht werden oder auch nur verfügbar sind.