Die Kinder in Kindergarten und Schule, Mama und Papa bei der Arbeit. So sah das geregelte Leben von Anna Holzers* Familie bis vor knapp zwei Wochen aus. Jetzt ist alles anders. Die Kinder, 6 und 10 Jahre alt, sind den ganzen Tag zu Hause. Holzer sollte ihren Vollzeitjob im Homeoffice erledigen, was weit angenehmer klingt, als es ist: Ihr Mann arbeitet außer Haus, er hat viele Nachtdienste und muss tagsüber schlafen. Anna Holzer muss also darauf achten, dass die Kinder leise sind. Sie muss dem größeren Kind beim Lernen zu Hause helfen. Nebenbei den Bedürfnissen des Kleineren gerecht werden. Und für die Familie, die sonst während der Woche auswärts isst, kochen.

"Ich bin in der ersten Woche fast durchgedreht", erzählt die Frau von den Tagen nach Beginn der Maßnahmen im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus: Schulen und Kindergärten sind geschlossen, nur Notbetreuung ist mehr möglich. Unterrichtet wird die Zehnjährige, die die erste Klasse Gymnasium besucht, jetzt aus der Ferne über digitale Kanäle. "Das war in der letzten Woche ein Wahnsinn", berichtet die Mutter.

"Ist das jetzt wirklich notwendig?"

"Nicht nur, dass selbstverständlich davon ausgegangen wird, dass alle WLAN, PC, Drucker und Scanner zu Hause haben. Es wird auch vorausgesetzt, dass sich die Kinder damit gut auskennen." So müssten Deutschaufgaben als Word-Dokument übermittelt werden. "Meine Tochter braucht sehr lange, weil sie sich mit dem Tippen noch schwertut", sagt Holzer. Zudem müssten in Nebenfächern auch Referate über noch nicht Gelerntes erarbeitet werden. "Das können Kleinere oft noch nicht allein. Bei manchen Aufgaben denke ich mir schon: Ist das jetzt wirklich notwendig?"

Nur langsam gibt es Verständnis

Verständnis aus dem Umfeld für die Situation spürt Holzer nur langsam. Da seien schon einige Sprüche gekommen, dass man das in früheren Zeiten auch locker geschafft habe. Hinzu kommen weitere Sorgen: um eine schwerkranke Angehörige und um die Großeltern. Letztere fallen derzeit zudem für die Betreuung der Kinder aus. Holzer sagt: "Zum Glück ist meine Firma jetzt in Kurzarbeit gegangen. In Vollzeit wäre das für mich nicht machbar gewesen."

*Name geändert