Ein an einer schizoaffektiven Störung leidender Mann, der im Mai 2019 seine 86-jährige Mutter durch Messerstiche in den Oberkörper verletzt hatte, ist am Mittwoch vor einem Geschworenengericht in Salzburg gestanden. Die Staatsanwaltschaft beantragte wegen der psychischen Erkrankung des 60-Jährigen eine Einweisung des Mannes in eine Anstalt für geistig abnorme, zurechnungsunfähige Rechtsbrecher.

Nicht zurechnungsfähig

Laut einem gerichtlich beeideten Sachverständigen war der Frühpensionist zur Tatzeit nicht zurechnungsfähig. Wäre der Betroffene zurechnungsfähig gewesen, so wäre er wegen des Verbrechens des versuchten Mordes angeklagt worden, erläuterte Staatsanwalt Roland Finster.

Zu der Messerattacke kam es am 25. Mai in der Wohnung der Mutter in der Stadt Salzburg. Die betagte Frau lag auf einem Liegestuhl am Balkon. Ihr Sohn habe sich aus der Küche ein 20 Zentimeter langes Küchenmesser geholt und mit den Worten "jetzt ist alles vorbei" zahlreiche wuchtige Stichbewegungen in Richtung des Oberkörpers der Pensionistin ausgeführt, erklärte der Staatsanwalt.

Die Frau versuchte noch, die Attacke mit den Händen abzuwehren. Sie erlitt Stichverletzungen an den Händen und am Oberkörper. Ihr Sohn wurde heute nach dem Motiv befragt. "Ich hatte damals keinen Hass auf die Mutter, sondern auf die ganze Welt", schilderte der Akademiker, der von Rechtsanwalt Jürgen Pföstl verteidigt wurde. "Der Meinung bin ich jetzt nicht mehr." Die Mutter sei örtlich die nächstliegende Person gewesen, um "ein Statement zu setzen", erklärte der Salzburger. Er wohnte damals in der Nähe der Mutter.

Ein Dachdecker, der die Schreie der Frau gehört hatte, handelte couragiert. Der 45-Jährige trat die Wohnungstüre ein, nahm einen Sessel und schlug dem 60-Jährigen, der gerade auf seine Mutter einstach, das Messer aus der Hand. "Ich dachte, da gibt's nichts zu überlegen, da muss man rauf und helfen", erklärte der Zeuge. Wenn er nicht eingegriffen hätte, hätte es durchaus sein können, dass die Pensionistin den Angriff nicht überlebt hätte, sagte Opferanwalt Stefan Rieder im Vorfeld des Prozesses zur APA. Durch die Messerstiche seien Sehnen an den Fingern derart verletzt worden, dass die Frau ihr Hobby, das Handarbeiten, nicht mehr ausüben könne.

30 Jahre Psychopharmaka

Der Salzburger nimmt seit rund 30 Jahren Psychopharmaka, wie er der vorsitzenden Richterin Anna-Sophia Geisselhofer erzählte. "Wenn ich Tabletten nehme, ist die Zerknirschung weg." Zum Zeitpunkt des Vorfalls im Mai habe er an sich schon Medikamente genommen, er wisse aber nicht mehr, ob er vielleicht zwei oder drei Tage keine genommen habe.

Vor zehn Jahren war der Betroffene von einem Gericht in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher bedingt eingewiesen worden, nachdem er im Oktober 2008 seinem Vater auf den Kopf geschlagen hatte. Auch vor rund vier Jahren gab es einen Zwischenfall im Berchtesgadener Land. Der Salzburger soll den Direktor eines Luxushotels verbal attackiert haben.

"Das kommt wie ein Tsunami daher, dann ist man nicht mehr Herr seiner Sinne", beschrieb der 60-Jährige den "Verfolgungswahn", der ihn dazu getrieben habe.

Ein Urteil in dem Prozess am Landesgericht Salzburg wird vermutlich noch heute gesprochen.