Die Ärztekammer schlägt Alarm. Sie ortet einen "massiven Notstand" in der neonatologischen Versorgung in Wiens Spitälern. Sowohl bei Ärzten als auch im Pflegebereich gebe es einen Mangel, übte Kammer-Vizepräsident Wolfgang Weismüller am Montag per Aussendung scharfe Kritik an der Stadt, die die Missstände ignoriere.

Auslöser der Debatte war ein Aufschrei des Vorstands der Wiener Universitätsklinik für Frauenheilkunde am Wiener AKH, Peter Husslein. Er hatte in einem Mail an die AKH-Führung einen Pflegenotstand in der Neugeborenenstation beklagt und dafür das "krasse Versagen der gesamten Gesundheitspolitik in Wien" verantwortlich gemacht, wie Medien am Wochenende berichteten. Demnach würden 160 Pfleger fehlen. Schwangere müssten weggeschickt werden, auch die Mitarbeiter seien schwer belastet.

Warnung seit Monaten

Husslein bestätige, wovor man seit Monaten warne, schaltete sich die Kammer am Montag ein. "Wir haben in allen Wiener Gemeindespitälern und im AKH einen massiven Pflegemangel und in den Gemeindespitälern zudem einen Ärztemangel", konstatierte Weismüller. Dieser betreffe speziell die Neonatologie. Den seitens der Stadt Wien zu ignorieren, zeuge entweder von Unwissenheit oder sei eine bewusste Falschdarstellung.

Ins Visier nahm die Ärztevertretung vor allem Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Die Kammer verübelte es dem Ressortchef, gegenüber der "Kronen Zeitung" von einem "Mikroproblem" gesprochen zu haben. "Dem Professor (Husslein, Anm.) sind die Pfleger weggelaufen. Ich werde sicher keine Leute aus anderen Spitälern ins AKH zwangsversetzen", wird Hacker zitiert. Jede Schwangere könne ihr Kind in Wien zur Welt bringen, wenn sie wolle: "Wir haben keinen Engpass in der Neonatologie."

Weismüller warf Hacker vor, Probleme gebetsmühlenartig zu bagatellisieren oder überhaupt in Abrede zu stellen. Stattdessen sollte der Gesundheitsstadtrat endlich ausreichend Ressourcen zur Verfügung stellen. Er forderte außerdem einen "Krisengipfel".

Hacker selbst hatte in der Vorwoche erklärt, dass die Personalsituation im Pflegebereich vor großen Herausforderungen stehe. Allein bis 2030 würden infolge von Pensionierungen und der Altersentwicklung in der Bevölkerung mehr als 9.000 neue Pflegekräfte benötigt. Dabei ging es allerdings um die Situation in der Langzeitpflege - also in Heimen oder in der mobilen Betreuung. Der Akutbereich in Krankenhäusern ist in dieser Berechnung nicht inkludiert.