Samstagmittag informierten die Behörden in Bregenz im Rahmen einer Pressekonferenz über den bisherigen Ermittlungsstand.

Die Spurenlage bezeichnete Chefermittler Norbert Schwendinger vom Landeskriminalamt als "recht eindeutig": Der 38-Jährige hatte um ca. 4.30 Uhr zuerst seine beiden Töchter im Wohnzimmer mit einem Küchenmesser getötet, anschließend seine Frau in der Küche mit einem kleinen Hammer attackiert und sie dann ebenfalls mit dem Messer umgebracht.

Aufgrund von Lärm und Schreien hatten Nachbarn in der Wohnanlage die Polizei gerufen. Die Beamten mussten die Wohnung aufbrechen. Die Wohnung der Familie liegt im 3. Stock einer Wohnanlage, etwas außerhalb des Stadtzentrums von Hohenems.

Aus Fenster gesprungen

Gegen den Täter lag ein Betretungsverbot vor. Wie er in die Wohnung gelangte, blieb vorerst unklar. Beim Eintreffen der Polizei war die Wohnungstür jedenfalls verschlossen. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Mann noch in der Wohnung aufgehalten. "Wir vermuten, dass er, als die Tür durch die Beamten gewaltsam aufgebrochen wurde, aus dem Badezimmerfenster gesprungen ist", erklärte Schwendinger. Zuvor hatte er sich selbst eine Stichverletzung zugefügt.

Der zuständige Bezirkshauptmann Helgar Wurzer berichtete, dass es bereits am 7. August zu gewalttätigem Verhalten des 38-Jährigen gegenüber seiner Frau gekommen war. Alle vorgesehenen Schutzmaßnahmen seien daraufhin eingeleitet worden, unter anderem über die Gewaltschutzstelle. Der Frau sei auch angeraten worden, eine Verlängerung des - zuerst 14-tägigen - Betretungsverbotes zu beantragen, was sie auch gemacht habe. Ebenso habe der Mann die ihm angeratene Täterberatung in Anspruch genommen. Sowohl zu den späteren Opfern als auch zu dem 38-Jährigen habe von Behördenseite laufend der für solche Fälle vorgesehene Betreuungskontakt bestanden. Die Bluttat sei nicht vorhersehbar gewesen, so Wurzer.

Motiv nicht eindeutig

Der Täter hatte während der vergangenen Wochen bei seinen Eltern gewohnt und sich auch am Abend vor der Tat dort aufgehalten. Der Auslöser für die Bluttat und das Motiv würden sich wohl "nicht mehr eindeutig klären lassen", sagte Schwendinger. Für die vier Leichen wurde noch am Samstag eine Obduktion angeordnet.

Der Täter war türkischstämmiger österreichischer Staatsbürger, seine Ehefrau hatte die türkische Staatsbürgerschaft. Die Angehörigen werden vom Kriseninterventionsteam betreut.

Psychische Auffälligkeit

"Oftmals ist es bei solch einem Tathergang so, dass es bereits eine psychische Auffälligkeit gab", sagte der Psychologe Cornel Binder-Krieglstein zur APA.

Diese muss aber von außen nicht sichtbar sein, fügte der Experte vom Berufsverband Österreichischer Psychologen (BÖP) hinzu. Im Moment der Tat sei der Täter jedenfalls "in einer Ausnahmesituation. Er sieht ein Ziel, das er für sich umsetzen muss." Das ziehe derjenige dann durch, erläuterte Binder-Krieglstein.

Häufig würden sich die späteren Täter in solchen Fällen ungerecht behandelt fühlen. Die Probleme könnten aber auch in den psychopathologischen Bereich gehen - etwa, dass der Betroffene vor der Tat eine Eingebung bekommen hat, sagte der Psychologe.

Der Tatort in Hohenems
Der Tatort in Hohenems © APA

Erweiterter Suizid

Erweiterter Suizid wird laut Binder-Krieglstein oft als Schlusspunkt gesehen, "um sich aus der Verantwortung zu ziehen". Die "Idee" Recht zu haben oder sich durchsetzen zu wollen werde dabei so groß, dass der Täter etwa auch die eigenen Kinder tötet, bevor er Selbstmord begeht.

>>>Österreichisches Suizidpräventionsportal: www.suizid-praevention.gv.at

Der Fall zeigt, dass Wegweisungen und Betretungsverbote "nicht grundlos" ausgesprochen werden, betonte Binder-Krieglstein. Solche schweren Bluttaten seien aber "zum Glück Einzelfälle". Eine zusätzliche Möglichkeit zur Abwendung von Gefahren wäre es, den potenziellen Gewalttätern niederschwellige psychologische Betreuung anzubieten - eventuell anonym oder kostenfrei, sagte der Experte. Die Täter hätten oft das Gefühl, sie sind allein. Die Betreuung müsste jedenfalls von Fachkräften übernommen werden, so Binder-Krieglstein

>> Rund 8.600 Betretungsverbote im Vorjahr

Bischof Benno Elbs "fassunglos"

"Erschüttert und tief betroffen" von der Familientragödie in Hohenems hat sich der Vorarlberger Diözesanbischof Benno Elbs in einer Aussendung am Samstagnachmittag gezeigt. Er "stehe fassungslos an der Seite der Angehörigen".

"Die Familie sollte immer der Ort sein, an dem Kinder wachsen und darauf vertrauen dürfen, dass jemand da ist, der sie schützt", erklärte der Bischof: "Umso betroffener macht es, wenn Gewalt und Verzweiflung genau in diesen Ort des Vertrauens eindringen."

Gleichzeitig bedankte sich Elbs bei allen Frauen und Männern der Einsatzkräfte in einer "derartigen Ausnahmesituation."