Die Nacht von 9. auf 10. November 1938 ging als eine der grausamsten Nächte während der Herrschaft der Nationalsozialisten in die Geschichte ein. Jedes Jahr wird daher in ganz Österreich der sogenannten Novemberpogrome gedacht. So auch in Mödling, wo es am Sonntag zu einem Eklat gekommen ist.
Während sich bei der ehemaligen Synagoge rund 50 Menschen versammelten, um den Opfern des NS-Regimes zu gedenken, ertönte plötzlich ein geschmackloser Sprachausschnitt. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite hatte ein Anrainer das Fenster seiner Wohnung geöffnet und spielte - für alle gut hörbar - eine Rede von Adolf Hitler ab. Knapp anderthalb Minuten dauerte die skandalöse Beschallung an.
Die laute Rede habe „offensichtlich alle Besucherinnen und Besucher sehr verstört“, erzählt SPÖ-Stadtrat Stephan Schimanowa im ORF-Interview. Er war selbst vor Ort und sei aufgelöst gewesen. „Das ist einfach krank. Ich bin nach wie vor sprachlos“, sagt Schimanowa am Tag danach.
Zunächst war man zu betroffen, um die Aktion bei der Polizei anzuzeigen. Am Abend habe man das als Stadt Mödling jedoch nachgeholt. Auf ORF-Anfrage bestätigte die Polizei Niederösterreich, dass das Landesamt für Staatsschutz und Extremismusbekämpfung nun wegen des Verdachts der nationalsozialistischen Wiederbetätigung ermittelt.
„Heute Vormittag waren die Zeugeneinvernahmen. Diese haben ergeben, dass ein Unbekannter offensichtlich in einer nahegelegenen Wohnhausanlage eine Rede mit nationalsozialistischem Hintergrund lautstark durch ein geöffnetes Fenster abgespielt hat“, berichtete Polizeisprecher Johann Baumschlager gegenüber dem ORF Niederösterreich. Dem Täter drohen bei einer Verurteilung zwischen sechs Monaten und fünf Jahren Haft.
Die Bundesregierung präsentierte indes am Montag eine Strategie gegen Antisemitismus, die bis 2030 umgesetzt werden soll. Eines der Leuchtturmprojekte ist beispielsweise die Schaffung eines österreichischen Holocaust-Museums.