Die Schwester Ihrer Mutter ist an Brustkrebs gestorben, Sie waren entsprechend sensibilisiert. Mit 30 haben Sie dann selbst die Diagnose Brustkrebs erhalten. Was ist Ihnen in diesem Moment durch den Kopf gegangen?

Ich hatte ohnehin schon ein schlechtes Gefühl gehabt, weil ich zuvor viel nachgelesen habe. Aber im Moment der Diagnose war ich einfach nur geschockt – obwohl ich eigentlich total nüchtern reagiert habe. Die Momente, in denen es einem dann so richtig schlecht geht, die kommen später.

Wie hat sich der Tumor in der Brust angefühlt?

Bei mir war es knubbelig, ich konnte das überhaupt nicht einordnen. Mein Frauenarzt ist fachlich sehr kompetent und erfahren, aber selbst er hat vor dem Ultraschall gesagt: "Das fühlt sich nicht an wie ein Tumor". Auch für einen Arzt ist Brustkrebs nicht immer eindeutig zu ertasten. Umso wichtiger ist es, dass man seinen Körper kennt und erkennen kann, was normal ist und was nicht.

Wie ist es dann weitergegangen?

Vom Gynäkologen wird man entweder an ein Brustzentrum oder an einen Radiologen weitergeleitet. Um eine Diagnose zu erhalten, muss man eine Stanzbiopsie machen. Da wird einem eine Spritze, also eine Nadel, eingeführt und ein Stück entnommen. Anhand der Untersuchung wird dann ausgewertet, was für eine Art von Tumor das ist und was für eine Therapie sich eignet.

Die Diagnose Brustkrebs haben Sie dann dort bekommen?

Nein, drei Tage später hat mein Frauenarzt angerufen und gesagt, es tue ihm leid, mir sagen zu müssen, dass es Brustkrebs ist.

Die Angst als ständiger Begleiter: "Als krebsfrei gilt man erst nach fünf Jahren"

Wie wurde der Brustkrebs in Ihrem Fall behandelt?

Bei jungen Menschen beziehungsweise aggressiveren Tumoren wird meist zu einer Chemotherapie und einer OP geraten. Ich habe die Chemotherapie vor der OP gemacht: Ich wollte einfach das Schlimmere hinter mich bringen. Der Vorteil davon ist, dass man sehen kann, ob der Tumor überhaupt auf die Chemo anspringt – denn das ist nicht sicher. Bei mir hat man gesehen, dass die Chemo eigentlich einen guten Erfolg hatte. Dann kommt eine OP, bei welcher der Tumor entfernt wird. Manche machen das brusterhaltend, bei mir wurde das Brustgewebe komplett entfernt und Silikonimplantate eingesetzt. Danach kommt die Bestrahlung, die ich eigentlich ganz gut vertragen habe. Jetzt mache ich gerade eine Hormontherapie, bei der die Östrogene unterdrückt werden. Mein Tumor ist hormonrezeptorpositiv, das heißt, er ernährt sich von Hormonen.

Wie sehen die Nebenwirkungen aus?

Wenn man Nebenwirkungen hat, dann sind das so Beschwerden, wie sie eigentlich erst in den Wechseljahren auftreten. Am Anfang war ich total traurig: Als 30-jährige Frau will man nicht unbedingt an die Wechseljahre denken. Aber nachdem ich während meiner Regel immer total Schmerzen hatte und ich jetzt gerade eh keine Kinder kriegen darf, macht das die Therapie gerade irgendwie erträglicher (lacht).

Wie lange dauert die Therapie insgesamt?

Die Hormontherapie muss ich jetzt mindestens zwei Jahre lang machen. Dann könnte ich unterbrechen, wenn ich ein Baby haben möchte – das weiß ich jetzt aber noch nicht, ob ich mich traue, dafür die Therapie zu unterbrechen. Insgesamt sind es fünf Jahre.

Das ist ein langer Zeitraum...

Ja, bei Krebs dauert das alles so lange. Die Chemotherapie hat mehrere Monate gedauert, dann kam die OP und dann die Bestrahlung – jeweils mit Pausen dazwischen. Danach hat dann die Hormontherapie begonnen, die dauert fünf Jahre. Bei der Chemotherapie denkt man sich: "Das ist das Schlimmste." Logisch, da geht's einem vier Monate völlig schlecht, aber es hat ein Ende. Alles andere dauert wahnsinnig lang, das belastet einen sehr. 

Das heißt, Sie müssen warten, bis die Hormontherapie zu Ende ist?

Bei der OP hat der Tumor so weit entfernt werden können, aber logisch, bei Krebs kann man es nie genau sagen. Zur Sicherheit macht man jedes halbe Jahr eine Mammografie oder eine Magnet-Resonanz-Tomografie. Als krebsfrei gilt man trotzdem erst nach fünf Jahren.

Umgang mit der Angst: "Todesangst ist ein richtig schlimmes Gefühl"

Gab es Momente, in denen Sie Todesangst hatten?

Ja, das hab ich immer noch. Ich war vorher keine ängstliche Person, aber Todesangst ist ein richtig schlimmes Gefühl. Auch wenn Brustkrebs eine Krebsart mit einer guten Überlebenschance ist, habe ich damals bei meiner Tante gesehen, dass man wirklich daran sterben kann. Dadurch hatte ich sicher eine andere Angst als jemand anderes. Mir ist es damals so vorgekommen, als wäre ich im falschen Film. Ich habe Gesundheit nie für selbstverständlich genommen und immer sehr gesund gelebt. Umso mehr zieht einem so eine Diagnose den Boden unter den Füßen weg. Gesundheit ist das Allerwichtigste. Man muss einfach froh sein für das, was man hat.

Sie haben das Thema Familienplanung angesprochen.

Ich hatte vorher einen starken Kinderwunsch. Der ist natürlich ein bisschen gedämpft worden, weil jetzt andere Themen wichtig sind. Aber grundsätzlich möchte ich auf jeden Fall Kinder. Bei Krebs kann man vor der Chemotherapie als Sicherheitsmaßnahme eine Kryokonservierung machen. Das Thema Familienplanung muss man bei Krebs natürlich bedenken, das ist schon belastend.

Wie geht es Ihnen aktuell? Wie gehen Sie mit Ihrer Brustkrebs-Erkrankung um?

Ich würde sagen, dass ich generell gut damit umgehe. Es gibt natürlich auch Betroffene, die nicht darüber reden möchten. Aber es ist extrem belastend, in so einer Situation so zu tun, als wäre nichts. Von daher ist meine Strategie, Dinge direkt anzusprechen. Dadurch habe ich gesehen, dass Krebs ein Thema ist, das auch unter jungen Menschen sehr verbreitet ist. Irgendwie ist es auch entlastend, zu sehen, dass man nicht allein damit ist.

Wir wünschen Ihnen alles Gute.

Hinweis: Der Text ist in abgewandelter Form zunächst bei "Futter", dem jungen Magazin der Kleinen Zeitung, erschienen. "Futter" ist inzwischen "Kleine Zeitung Next".