Es gibt Jobs, die ist man einfach niemandem neidig. Den GIS-Eintreiber beispielsweise. Im Beliebtheitsranking nah beim Türsteher, dafür machtlos wie die Ordnungswache, zählt er auch noch zur Berufsgruppe der Meistbelogenen: „Wir haben keinen Fernseher“, „Ich hier nur putzen“ und „Im Wohnzimmer ist grad eine Hausgeburt“, kursieren als Top-Ausredetipps im Netz, sollte ein Rundfunkgebührensammler jemals Eintritt begehren.    

Aber gut möglich, dass die gefürchteten Inkasso-Berater bald schon nicht mehr durchs zahlungsunwillige Unterholz streifen müssen, sondern stattdessen in Umschulungen sitzen. Seit der Verfassungsgerichtshof die medienpolitische Untätigkeit der Regierung abgestraft und das Schließen der Streaminglücke zur rechtlichen Verpflichtung erklärt hat, ist die Diskussion über das ORF-Gebührenmodell wieder voll entbrannt (so auch in unserem heutigen Pro- und Kontra-Format).

Die wahrscheinlichste Lösung, um das Urteil der Verfassungsrichter bis 2023 umzusetzen, dürfte die Einführung einer Haushaltsabgabe sein, wie sie in Deutschland und der Schweiz seit längerem Praxis ist. Die bisherige Rundfunkgebühr in Österreich beruht hingegen auf einem Gesetz aus den 70er Jahren und war, salopp betrachtet, einfach eine "Kastlsteuer": Wer ein Radiogerät oder einen Fernsehapparat besaß, wurde zur Kasse gebeten. Eine stetig sprudelnde Geldquelle, an die sich alsbald auch die Länder hängten – zuvorderst übrigens die Steiermark, in der man diverse Kultur- und Sporteinrichtungen so zusätzlich mit Förderungen bedachte.

Kontrolliert wird die Bezahlung der Beiträge seit über zwei Jahrzehnten durch das Gebühren-Info-Service des ORF, das anfangs mit seiner aggressiven Kampagne gegen "Schwarzseher" die Zahlungsmoral der Kunden zu heben versuchte. Man sollte sich vor einem unangemeldeten Hausbesuch der Kontrollore fürchten. Inzwischen sind die Drohungen mit Strafzahlungen abgestumpft, zeitgleich erfreut sich die schrankenlose Nutzung der ORF-Programme via Laptop, Tablet oder Smartphone steigender Beliebtheit. Am Küniglberg beklagte man immer beträchtlichere Einnahmenverluste und suchte schließlich Schützenhilfe beim Höchstgericht.

Für den ORF hätte der Übergang zur Haushaltsabgabe, mit der automatisch alle Wohnsitze besteuert würden (also rund eine Million mehr als durch die GIS erfasst), den Vorteil, dass bei gleichbleibendem Programmentgelt eine Einnahmensteigerung im zweistelligen Prozentbereich zu erwarten ist. Großzügig ließe sich ein Gebührenstopp verkünden, eventuell sogar eine Senkung der Entgelte durchführen - und bei der Gelegenheit vielleicht auch die Landesabgaben streichen. 

Die Weichen werden zwar schon Richtung Haushaltsabgabe gestellt, doch wie Hubert Patterer in seinem Leitartikel moniert, bleiben zentrale Fragen noch immer unbeantwortet: Wann endlich wird das ORF-Gesetz neu aufgestellt und sauber geklärt, was der mit einer dreiviertel Milliarde Euro hyperförderte Staatsfunk online künftig machen soll? Wird es im Internet eine Anmeldeschranke geben, die sich nur für zahlende Nutzer mittels Kennwort öffnet? Darf der ORF über seine blaue News-Seite weiterhin uneingeschränkt eine Defacto-Gratiszeitung anbieten und damit die ohnehin um ihre Existenz ringenden Privatverlage in den Ruin treiben?

Der Startschuss für einen Reformprozess ist längst überfällig. Es fragt sich nur, worauf Medienministerin Susanne Raab eigentlich noch wartet. Vielleicht auf das Klingeln an der Tür?

Einen ungestörten Sonntag wünscht Ihnen jedenfalls