Sie waren in den 2000ern aus der deutschen Popmusik nicht wegzudenken: Das Duo Rosenstolz sang Hits wie „Liebe ist alles“, „Ich bin ich“ oder „Gib mir Sonne“ und wurde mehrfach mit einem Echo ausgezeichnet. Jetzt ist Anna R., die Sängerin an der Seite von Peter Plate, im Alter von 55 Jahren in Berlin überraschend verstorben.

Die tragische Botschaft überbrachten zwei Kollegen im Rahmen eines Beitrags auf der offiziellen Instagram-Seite der Sängerin: „AnNa R. ist tot. Das plötzliche, unerwartete Lebensende unserer Freundin und ‚König:in‘ schockiert und verwirrt uns zutiefst.“ Die Sängerin sei viel mehr gewesen als eine „Pop-Maus“, für unzählige Menschen sei Anna R. eine „konstante Lebensbegleiterin“ gewesen. Die 1969 geborene Andrea Rosenbaum wuchs in Berlin auf und nahm nach der Hochzeit mit MTV-Regisseur Nilo Neuenhofen dessen Nachnamen an.

Weitere Bands und Solokarriere

Gleich drei Alben von Rosenstolz schafften es auf Platz 1 in den österreichischen Charts, in ihrer Heimat Deutschland waren es fünf. Rund zwei Jahrzehnte nach ihrer Gründung trennte sich die Band im Jahr 2012. Rosenbaum gründete daraufhin die Formation Gleis 8 und sang drei Jahre lang in der Rockband Silly. 2023 veröffentlichte sie ihr Soloalbum „König:in“.

Nach dem Tod der Sängerin ist die Polizei mit dem Fall befasst. Eingeleitet wurde ein offizielles Todesermittlungsverfahren, wie ein Polizeisprecher sagte. Üblicherweise gehört dazu auch eine Obduktion der Leiche. Nach derzeitigem Stand ist keine öffentliche Trauerfeier geplant. Das teilte das Management auf Anfrage mit.

Anna R. wurde demnach am Sonntagabend in Berlin-Friedrichshain tot aufgefunden. Die Polizei wurde am Montagmorgen informiert, so der Sprecher. Am Dienstag sollte die Staatsanwaltschaft Berlin das Verfahren dazu übernehmen und auch Auskünfte erteilen.

Politisch aktiv

In ihren Liedern ging es oft um Liebe, aber Anna R. war auch politisch aktiv. 2011 bekam sie gemeinsam mit Plate für ihr Engagement gegen Aids das deutsche Bundesverdienstkreuz. Auf ihrem Solo-Album singt sie im Track „Meer voller Seelen“ über Migranten, die in Booten flüchten.

In dem Interview des Magazins „Coolibri“ wurde die Musikerin gefragt, ob ihr Vermächtnis als Rosenstolz-Sängerin Druck bei ihr auslöse. „Jein“, antwortete sie. „Es waren ja 30 Jahre meines Lebens, davon 20 aktive. Immer mal wieder kommt ein Rosenstolz-Thema vor. Größtenteils waren es auch gute Jahre. Es nervt nur, darauf reduziert zu werden. Ich habe außer Rosenstolz ja schon einiges anderes gemacht.“

Prominente Fans teilen Rosenstolz-Momente

Berlins ehemaliger Kultursenator Klaus Lederer schrieb auf Facebook: „Anna war meine Nachbarin, sie wohnte unter mir. Sie hat den Sound geliefert, in dem ich mich als ‚Jungschwuppe‘ wiedergefunden habe. Auch, als meine Beziehung krachte.“

Der ehemalige SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert schrieb in einem Instagram-Kommentar: „Für einen 16-jährigen schwulen Jugendlichen konnte ein Rosenstolz-Konzert in der Wuhlheide im Sommer 2006 mehr Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl wecken, als tausend Kampagnen es je könnten, weil es echt und fühlbar war, wenn AnNa den Refrain von ‚Lachen‘ zum 25. Mal ankurbelte.“

Rosenstolz habe mitgeholfen, ein neues, in seiner gelebten Vielfalt stolzes Deutschland zu erschaffen, betonte der einstige Deutschland-Chef des Musikkonzerns Universal und frühere Berliner Staatssekretär für Kultur, Tim Renner, bei Facebook. „Wir müssen dankbar sein, denn Peter und Dich hätte man für ein Deutschland nach dem Mauerfall erfinden müssen, wenn ihr Euch nicht selbst gefunden hättet. Eine Frau aus dem Osten, ein offen schwuler Mann aus dem Westen.“

Hella von Sinnen: „Deine Stimme wird nie verklingen“

Komikerin und Moderatorin Hella von Sinnen schrieb auf Facebook: „AnNa! Gute Reise! Deine Stimme wird nie verklingen.“ Rosenstolz hatte 1999 mit Hella von Sinnen den Ehe-für-alle-Song „Ja, ich will (Hochzeitssong)“ aufgenommen. Sängerin Lucy Diakovska bezeichnete Anna R., die 1969 in Ost-Berlin geboren wurde, als „meine Heldin“.

Sollte als Poetikdozentin nach Koblenz kommen

Erst vor zwei Wochen habe er ihr zum neuen Job als Poetikdozentin gratuliert. Für mehrere Veranstaltungen sollte Anna R. in dieser Rolle nach Koblenz kommen. Die diesjährige Poetikdozentur bleibe ungeachtet der tragischen Todesnachricht bestehen, teilte die Universität Koblenz auf Nachfrage mit. „Neu vergeben wird sie erst wieder turnusmäßig im kommenden Jahr.“