Manchmal fügt sich gut zusammen, was zusammenpasst: Dass die Werkstatt der Krippenfreunde Oststeiermark in Hartberg im gleichen Gebäude wie das Finanzamt ist, ist ziemlich stimmig: Beide nehmen es mit ihrer Arbeit ziemlich genau. Die Konzentration mag in der Werkstatt zwar oberstes Rüstzeug sein, aber Multitasking wurde hier zur Perfektion erhoben: Es wird gezimmert, gehämmert, geklebt, bemalt, getratscht, viel gelacht und manchmal auch das eine oder andere hochprozentige Gloriawasser getrunken. Das alles unter dem eher nicht so strengen Blick der Heiligen Familie. Über das ganze Jahr werden hier Krippenkurse abgehalten, nur Corona hat den rund 200 Mitgliedern heuer einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Doch auch der Krippenbau geht mit der Zeit: Krippenbaumeisterin Waltraude Lechner hat die aktuelle Lage in Krippenform gegossen: die Heilige Familie unter dem Virusdach mit Mundschutz. Die perfekte Vereinigung von Hoffnung und ein bisschen Witz. Wer sich hier Dogmen erwartet, ist ohnehin falsch am Platz: „Alles ist möglich, wir machen auch Krippen aus Recyclingmaterial“, so Lechner, die seit über 30 Jahren Krippen baut und die Landesleitung der Krippenfreunde überhat – mit immerhin 500 Mitgliedern. Für sie steht die Krippe nicht nur physisch im Zentrum, wenn es um Weihnachten geht: „Wir wollen die Krippe wieder in den Vordergrund stellen und so Weihnachten wieder auf den Punkt bringen“, skizziert sie das Anliegen des Vereins, für den der Christbaum die Krippe vielfach schon verdrängt hat.

Krippenbaumeisterin Waltraude Lechner
Krippenbaumeisterin Waltraude Lechner © (c) Juergen Fuchs (FUCHS Juergen)


Doch die Krippenfreunde sind gut aufgestellt, die Anmeldungslisten für die Zeit nach Corona sind gut gefüllt, so Obfrau Anita Mogg, denn Handwerk boomt: „Man merkt sehr gut, dass die Leute wieder mehr Handwerkliches machen wollen. Die Leute kommen so vom Stress runter.“ Rund 60 Stunden braucht man für eine Krippe, so die Meister. Was vielen zunächst viel zu lang erscheint, schlägt schnell in Begeisterung um, sagt Lechner: „Wenn man dabei ist, dann entwickelt sich eine Euphorie, dass die Zeit dann nachrangig ist.“

Das bestätigt auch Krippenbaumeister Karl Polzhofer. Sein Dogma: „Jeder kann eine Krippe bauen“, und damit auch die ausgefallensten Wünsche in Erfüllung gehen, spielt er bisweilen selbst Christkind, denn nicht immer gehen die handwerklichen Fähigkeiten mit der Euphorie Hand in Hand. Geht nicht gibt es hier nicht, erstaunlich ist das allemal, denn bis auf die Gesichter wird hier jedes winzige Detail selbst hergestellt. Es geht um Proportionen – die Krippe muss an die Figuren angepasst werden – und auch um die Symbolik. Der Zaun steht etwa für das Neue und das Alte Testament, während der Brunnen den Quell des Lebens repräsentiert.

Krippenbaumeister Karl Polzhofer
Krippenbaumeister Karl Polzhofer © (c) Juergen Fuchs (FUCHS Juergen)

Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt: „Immer öfter werden alte Gebäude oder ganze Elternhäuser nachgebaut“, so Anita Mogg. Sogar der Wunsch nach Wäscheleine und Jauchengrube wurde bei einem Kurs schon erfüllt. Auch wenn die Krippen echte Kunstwerke sind, so sollten sie doch gelebtes Brauchtum sein, das man benutzen soll, ja muss: „Kinder müssen die Figuren angreifen können“, so Waltraude Lechner, deren Enkeltochter das ganze Jahr mit einer extra für sie angefertigten Krippe spielt. Für jene, die nicht nur schauen, sondern auch selbst bauen, gibt es sogar einen Kinderkrippenkurs, wobei die Vorstellungen hier sehr klar sind, wie Kursleiterin Barbara Ochenbauer sagt: „Es muss leuchten!“ Apropos Leuchten: Das hochprozentige Gloriawasser wird natürlich nur getrunken, wenn der Dachstuhl einer Krippe fertiggestellt wurde. Was soll man machen? Tradition verpflichtet eben!

Hält die Kinderkrippenkurse Barbara Ochenbauer
Hält die Kinderkrippenkurse Barbara Ochenbauer © (c) Juergen Fuchs (FUCHS Juergen)