Den besten Tipp im Umgang mit unguten Zeitgenossinnen und Zeitgenossen hatte der griechische Philosoph Aristoteles schon 300 Jahre vor Christi Geburt parat: Man hält sich am besten fern von ihnen. Das wird nicht immer klappen, denkt man ad hoc und wird von Psychotherapeutin Evelyn Summhammer gleich eines Besseren belehrt: „Das geht sehr wohl, denn man kann sich innerlich immer von solchen unangenehmen Persönlichkeiten fernhalten.“

Das „zwischenmenschliche Desaster beginnt ja damit, dass man meistens reagiert und nicht agiert“, erklärt Evelyn Summhammer, die seit rund 30 Jahren als Psychotherapeutin und Organisationsberaterin tätig ist und schon Tausende gecoacht hat. Ihr Rat: „Erst einmal nicht reagieren, sondern nachdenken – und dann agieren.“

Ein Beispiel: „Der Chef macht mich vor der Kollegenschaft nieder, er entwertet mich, er kränkt mich.“ Sich jetzt als Opfer zu stilisieren, wäre der falsche Weg, erklärt die Expertin. „Nein, wir sind nicht das Opfer“, sagt sie, denn ein solches Denken koste in dem Fall nur Kraft und führe zu keiner Änderung im Verhalten des Vorgesetzten. Das Zauberwort sei: „abgrenzen.“ Nicht in eine negative Denkspirale hineinfallen und sich selbst noch weiter hinunterziehen, sondern das Stoppschild aufstellen.

„Ein erster Schritt wäre es, dem, der mich bloßgestellt hat, unter vier Augen zu sagen, dass man das nicht will und dass das demotivierend ist.“ Kommt es dann wieder zu einer ähnlichen Situation, rät sie: „Vor der Kollegenschaft sagen: ,Ich habe Sie bereits persönlich darum gebeten, nicht so mit mir zu reden‘.“

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Als weiteren Schritt könne man Kolleginnen und Kollegen fragen, wie ihre Erfahrungen mit dem Vorgesetzten sind, „denn es geht auch darum, Daten zu sammeln und Fakten zu schaffen. Nicht zuletzt, damit ich mir vor Augen führen kann, dass es nichts mit mir zu tun hat, wenn jemand fies ist.“

Psychotherapeutin und Organisationsberaterin Evelyn Summhammer
Psychotherapeutin und Organisationsberaterin Evelyn Summhammer © Summhammer

Netflix gegen Narzissten

Narzissten seien solche unangenehmen Zeitgenossen, die andere manipulieren und für sich benutzen wollten. Für Narzissten sei der Umgang mit anderen ein Spiel: „Sobald man gekränkt oder aufgebracht auf so einen Menschen reagiert, hat er einen dort, wo er einen haben will.“

Dass es miese Menschen gibt, sei ein Fakt, daran könne man nichts ändern, „aber man kann ändern, wie der andere künftig mit einem umgeht“, rät die Psychotherapeutin. Ganz falsch wäre es, den Frust, den Zorn, die Wut hinunterzuschlucken, wie es zwar weniger häufig bei Männern, aber so oft bei Frauen vom mittleren Alter aufwärts vorkomme. „Die Generation bis 30 ist da übrigens komplett anders, das lässt sich der Großteil der Frauen genauso wenig gefallen wie die Burschen“, erzählt Summhammer sichtlich erfreut.

Der Anteil an Personen mit einer klinisch gestörten Persönlichkeit wird zwar nur auf ein Prozent geschätzt, angesichts mancher Menschen zweifelt man mitunter aber daran. Denn manche haben offenbar ein herausragendes Talent, besonders nervig, stressig, unangenehm oder einfach ungut zu sein. „Seit der Pandemie sind wir allerdings auch weit ,durchlässiger‘ geworden, wie es im Fachjargon heißt“, erklärt die Therapeutin. Das bedeutet: „Die vielen Krisen rundum und die wirtschaftliche Fragilität setzen unseren emotionalen Abwehrsystemen zu. Es klappt nicht mehr so gut mit der Resilienz“, deshalb würden wir sensitiver auf alles reagieren, was auf uns einprasselt. Wir seien heute insgesamt fragiler.

„Je höher die Belastung ist, desto schwächer werden die Abwehrsysteme“, erläutert Evelyn Summhammer. Es brauche also probate Gegenstrategien. Dazu gehöre auch, sich selbst zu stärken und sich Gutes zu tun. „Raus in die Natur gehen, Musik hören, im Fitness-Studio trainieren oder gleich mehrere Netflix-Serien en suite anschauen – warum auch nicht? Es geht einfach darum, dass ich einmal auf Durchzug schalten kann und zwischendurch das Hirn auslüfte“, rät die Expertin. Das sei schlicht notwendig neben einer gesunden Persönlichkeitsentwicklung.