Es ist nicht ganz abwegig, dass einem hier im  McClintock-Saloon die Sinne vernebelt werden, weil Whiskey hier in einer Menge vorhanden ist wie andernorts Wasser. Nein, das wird jetzt kein Wild-West-Witz über Feuerwasser, aber der gute Mann, der gerade vorbeispaziert, könnte genauso gut der Cousin von Lucky Luke sein: wippender Gang, Cowboystiefel und Cowboyhut. Fehlt nur noch ein kleines Kopfnicken verbunden mit dem obligatorischen „Ma’am“ und man wäre im Film, aber nicht im falschen, denn wir sind schon ganz richtig. Hier in Stockyards City, einem Stadtteil von Oklahoma-City, fallen tatsächlich nur die auf, die mit Pferden und Bullen nichts am Hut haben. Denn das Motto hier lautet: „Where the West still lives“, also wo der (Wilde) Westen noch lebendig ist. Und das ist keine Tourismusmasche, sondern gelebter Alltag: Hier werden Rinder versteigert, Bullenreiter gefeiert und wer Boots braucht, der könnte gut und gerne in McClintock-Saloon aus den Stiefeln kippen und gleich daneben bei Little Joe’s Boots in neue Stiefel steigen.

Wer jetzt glaubt, wir beginnen unsere Reise durch Oklahoma und Kansas im Pferdestall, der hat sich geirrt, denn unser Auto ist zumindest so groß wie ein Bison, aber nur so bewegt man sich hier mit anderen Verkehrsteilnehmern auf Augenhöhe und es verschafft uns einen guten Überblick über die Stadt: Vom Unterhaltungsviertel Bricktown geht es ins neue Künstlerviertel oder in den botanischen Garten.

Einblick in das "National Cowboy & Western Heritage Museum"
Einblick in das "National Cowboy & Western Heritage Museum" © Susanne Rakowitz

Nicht versäumen sollte man das „National Cowboy & Western Heritage Museum“, ein guter Auftakt, um auf den Spuren der Cowboys und der indigenen Bevölkerung zu wandeln. 39 „Native American Nations“ leben im sogenannten „Heartland“. Die Aufarbeitung ihrer vielfach schmerzhaften Geschichte ist auch Hollywood zu verdanken, wie unser Guide Sandy erzählt. Denn die Rückbesinnung auf die Wurzeln wurde nicht zuletzt durch Kevin Costners „Der mit dem Wolf tanzt“ angestoßen. Wir fahren weiter nach Wichita (Kansas), wo die ganze Stadt auf den Beinen ist: Jung und Alt, vom Altenheim bis zur Armee, sie alle packen ihre Rezepte aus – alljährlicher Chili-Wettbewerb! Wer die mehr als 80 Kostproben übersteht, versammelt sich am Kreuzungspunkt von Arkansas und Little Arkansas River: ein heiliger Ort für die indigene Bevölkerung. Jeden Abend wird hier am Fuße der knapp 15 Meter hohen Statue „The Keeper of the Plains“ ein Feuer entzündet. Wer jetzt noch nicht heimgehen will, der hat die Qual der Wahl, denn das Gold, das hier fließt, heißt nicht Öl, sondern Bier: Gleich elf Mikrobrauereien buhlen um durstige Kehlen.

Es zieht uns weiter. Wir fahren durch unendliche Weiten. Dass wir ausgerechnet vor einer Rakete haltmachen, ist kein Zufall. Denn in Hutchinson befindet sich mit dem Cosmosphere eines der bekanntesten Raumfahrtmuseen der Welt. Hier ist nicht nur die Landekapsel der Mission Apollo 13 zu sehen, sondern viele Originalstücke der Nasa. Unweit davon geht es mit uns endgültig bergab: Im Strataca-Salzbergwerksmuseum wird in rund 200 Meter Tiefe mehr als nur Salz abgebaut. Es ist eine Art Außenstelle von Hollywood: Das spezielle Klima konserviert Filmkostüme wie jene von Batman und Superman, aber auch die Originalbänder vieler Serien, wie etwa „Friends“.

Filmreif ist auch unser nächster Ort: Cottonwood Falls. Hier sagen sich Fuchs und Hase Gute Nacht, aber erst, nachdem sie gemeinsam beim Sterneschauen waren. Die Lichtverschmutzung ist hier gleich null, weil Bisons für gewöhnlich nicht bis spät in die Nacht lesen. Hier in den Flint Hills ist als Nationalpark noch übrig, was einst eine Legende war: die Prärie. Im „Tallgrass Prairie National Preserve“ kann man durch die letzten Reste dieser einzigartigen Landschaft streifen und den Bisons mit der Kamera auf den Pelz rücken.

Die Weiten der Prärie
Die Weiten der Prärie © Susanne Rakowitz


Exzessive Bejagung im 19. Jahrhundert hätte die Tiere fast ausgelöscht. Ein trauriges Kapitel, wie auch der „Trail of Tears“ (Pfad der Tränen): die Massenvertreibung indigener Stämme. 1830 wurden sie durch den „Indian Removal Act“ von ihren Lebensräumen ins Indian Territory, das heutige Oklahoma, umgesiedelt. Viele überlebten diesen Gewaltmarsch nicht. Mehrere Kultureinrichtungen, wie etwa das Cherokee Heritage Center in Tahlequah, kümmern sich um die Aufarbeitung und Mitglieder der Cherokee geben hier Einblicke in ihre Geschichte.

Ein Cherokee erklärt die traditionelle Lebensweise seines Stammes
Ein Cherokee erklärt die traditionelle Lebensweise seines Stammes © Susanne Rakowitz

Wir erreichen Tulsa, die ehemalige Hauptstadt der Ölbarone, die mit ihren zahlreichen Art-déco-Gebäuden glänzt und sich auch sonst weltstädtisch gibt, immerhin hat die Stadt ein Stück von der legendären Fernstraße Route 66. Und nicht nur das: Im Art District wird gerade ein Bob-Dylan-Museum gebaut. Das ist übrigens auch die beste Art, hier die Abende zu verbringen: Bingo spielen und danach den Tag bei Livemusik in einer Bar ausklingen lassen – gerne auch in Cowboyboots. Bei welchem Lied man besonders gerne mitwippt? Bei Nancy Sinatra natürlich: „These Boots Are Made for Walking“.