Wer sich dickbäuchige, vom Dach herabhängende Weihnachtsmänner auf Rentierschlitten, bunte, blinkende Lichterketten und üppig besuchte Punschstände erwartet, der wird vom Pitztaler Bergadvent schwer enttäuscht sein. Denn die Pitztaler setzten auf 1617 Meter Höhe in ihrem kleinen, tief verschneiten Dörfchen Plangeross, gelegen zwischen massiven Tiroler Berggiganten des Ötz- und Kaunertals, auf Tradition, Brauchtum und Stille – kein Kitsch und keine Hektik.

„Es war immer eine ruhige Zeit, eine Zeit, in der man in sich gehen konnte. Eine Zeit, in der man zusammengehockt, gesungen und musiziert hat und wo erst nach Weihnachten genascht wurde“, beschreibt Martina Rimml Dobler den Grundgedanken des Pitztaler Bergadvents, während ihre Mutter Irmgard im Hintergrund sorgfältig und routiniert ein Vanillekipferl nach dem nächsten formt. Sie sind zwei der etwa 110 Einwohner von Plangeross und daran beteiligt, dass sich der Ort in der Vorweihnachtszeit in einen riesengroßen Adventkalender verwandelt.

Jeden Abend öffnet sich irgendwo in Plangeross ein neues Türchen – einmal in einem kleinen Stadl zwischen Heu und den besinnlichen Weihnachtsmelodien der Harfe und des Hackbretts, ein anderes Mal bei einem schaurigen Krampus-Versteckspiel vor der Dorfkirche. „Das ist ein gegenseitiges Spiel, die Buben schleichen sich an und lassen sich von uns dann wieder jagen. Dann werden sie ordentlich mit Schnee eingerieben“, erzählt Florian Pfeifhofer, einer der Krampusse, die das siebte Adventfenster gestalteten.

Deren Masken aus Zirbe sind typisch für die Region und werden vom 18-jährigen einheimischen Holzbildhauer Johannes Eiter geschnitzt, der seine ersten Versuche als Fünfjähriger in der Werkstatt seines Onkels machte. Der Duft von Zirbe und unterschiedlichen Fellen ist es, der den Raum erfüllt, in dem sich Masken und Gewänder der Krampusse stapeln und in dem Johannes stolz sein geschnitztes Kunstwerk, angelehnt an Tiroler Masken, in die Hände nimmt und meint: „Sie sehen menschlich aus und ähneln alten Leuten mit Bart. Daran habe ich fünf Tage geschnitzt.“

Abseits der abendlichen Adventfenster und der vorweihnachtlichen Stimmung, die in dieser Zeit den Charakter des Dorfes und seiner Einwohner prägt, wartet 1800 Meter höher der pure Genuss. Zum einen die kulinarischen Köstlichkeiten und die Sicht auf 1300 Gipfel, die man beim Wirten Sepp Eiter im Café 3440, dem höchstgelegenen Österreichs, geboten bekommt. Und zum anderen eine Märchenlandschaft am Pitztaler Gletscher, wo die Schneedecke wie eine Schicht Zuckerguss über die Felshänge fließt. Weitläufige Pisten, mit Blick auf die imposante Wildspitze, die mit 3774 Metern der höchste Berg Nordtirols ist.

Am Hof vom „Pferdefredl“, einem Pitztaler Urgestein, warten die beiden Haflinger Muki und Tessa nur so darauf, mit ihren Hufen durch den Schnee zu traben. Während einer idyllischen Kutschfahrt erzählt Fredl Eiter auch so mach Pitztaler Schmankerl. Mitunter pikant.

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