Unsere Leserin ist Miteigentümerin einer Eigentumswohnanlage. "Bis Ende 2018 war ich Haussprecherin, bis dahin gab es auch regelmäßig Eigentümerversammlungen mit der Hausverwaltung", erzählt sie. Seither habe allerdings keine mehr stattgefunden. "Weder die Urgenz der neuen Haussprecherin, noch das Nachhaken diverser Miteigentümer, etwa anlässlich der Jahresabrechnung 2022 im Juni des Vorjahres, hat etwas daran geändert." Ignoranz im höchsten Maße sei die Reaktion der Hausverwaltung gewesen. Generell gebe es wenig Informationen seitens des Verwalters. "Widerspricht das nicht den gesetzlichen Pflichten einer Hausverwaltung?", möchte die Frau wissen.

Der Rechtsanwalt Philipp Wieser sagt dazu: "Im Wohnungseigentumsgesetz ist ausdrücklich geregelt, dass der Verwalter alle zwei Jahre eine Eigentümerversammlung abzuhalten hat, wenn es keine gesonderte Vereinbarung gibt." Selbstverständlich stehe es den Eigentümern zu, dem Hausverwalter die Weisung zu geben, eine Eigentümerversammlung einzuberufen. "Das geht einerseits per Mehrheitsbeschluss, andererseits aber auch durch Minderheitsbeschluss von nur drei Wohnungseigentümern – und die Versammlung kann auch ohne Hausverwalter abgehalten werden." Im Falle unserer Leserin bringt eine Hausversammlung ohne Verwalter allerdings nichts.

Begründung durch Pandemie?

Für die Coronazeit hat der Gesetzgeber nun festgelegt, dass Eigentümerversammlungen, die zwischen 1. März 2020 und 30. Juni 2021 stattfinden hätten sollen, bis 30. Juni 2022 nachzuholen waren. Wenn die Versammlung ursprünglich von 1. 7. 2021 bis 31.12.2021 abzuhalten gewesen wäre, verlängert sich die Frist bis maximal 31.12.2022. Soweit nun die Rahmenbedingungen.

Kommt die Hausverwaltung nun tatsächlich nicht ihrer Pflicht nach, kann dies, wie Wieser betont, ein Grund für die Minderung des Verwaltungsentgeltes sein. "Dafür ist ein Mehrheitsbeschluss nötig." Gegebenenfalls könnte man sogar den Hausverwaltervertrag ohne Kündigungsfrist "aus wichtigem Grund" auflösen. "Freilich besteht auch die Möglichkeit, den Verwalter ordentlich unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zum Jahresende zu kündigen." Fallweise kann dem Verwalter auch gerichtlich aufgetragen werden, eine Eigentümerversammlung durchzuführen.