Kennengelernt haben sich Heidi Porstner und Lisa Kernegger schon vor mehr als zehn Jahren bei Projekten für den Umweltschutz für Global 2000. Es war bei einem gemeinsamen Essen, bei dem sich die zwei Kolleginnen über alles Mögliche unterhielten, wie sie erzählen, als sie sich plötzlich einig waren, dass Österreich eine schlagkräftige Organisation braucht, die sich rein spendenfinanziert (also unabhängig) nur auf den Lebensmittelsektor konzentriert. „Es gibt natürlich den Konsumentenschutz in Österreich, der in vielen Bereichen eine tolle Arbeit leistet, aber eben nicht ausschließlich im Lebensmittelbereich“, erklärt Kernegger.

Dann führte eines zum andere – und gestern ging Foodwatch Österreich mit einer eigenen Homepage und den beiden Expertinnen im Hintergrund offiziell an den Start. Die gemeinsame Mission von Kernegger und Porstner? „Wir rufen mit Foodwatch Österreich dazu auf, mit offenen Augen durch den Supermarkt zu gehen, billige Tricks und unhaltbare Versprechen der Lebensmittelindustrie zu fotografieren und diese Dinge dann bei uns unter der Kategorie ,Das regt mich auf’ hochzuladen“, sagt Kernegger und fügt hinzu: „Erst, wenn diese Dinge sichtbar werden und viele Menschen sie teilen, kann man auf Hersteller einwirken und in weiterer Folge auch auf den Gesetzgeber.“ Kleiner Nachsatz: „Nicht alles, was man von Lebensmittelherstellern gewöhnt ist, ist auch legitim.“

Und die Liste an Täuschungen, die sich Lebensmittelhersteller einfallen lassen, ist sehr vielfältig: „Da wird man mit dem Aufzählen gar nicht fertig“, sind sich Porstner und Kernegger einig. Was sie selbst zuletzt beim Einkaufen im Supermarkt geärgert hat? „Der Klassiker: riesige Verpackungen, in denen fast nichts drinnen ist“, berichtet Kernegger. Porstner sagt mit einem Blick auf die Weihnachtsbäckerei: „Da werden traditionelle Sachen beworben, zum Beispiel Kekse mit Butter drinnen, und beim genauen Nachlesen stellt man fest: Butter ist zwar drinnen, aber auch Palmöl, das in traditioneller Weihnachtsbäckerei sicher nichts verloren hat.“


Hinzu kommt, dass Zutatenlisten meist so klein gedruckt sind, dass man sie kaum lesen kann. „Ein Teil des Erfolgs von Foodwatch ist, dass die Schrift in den vergangenen Jahren tatsächlich etwas größer geworden ist, aber noch lange nicht groß genug“, erklärt Porstner.
Die Ernährungswissenschaftlerin weiß freilich auch, dass klare, verständliche Bezeichnungen auf der Zutatenliste eher selten sind, man nehme nur die berühmten E-Nummern als Beispiel oder die Kreativität bei immer neuen Bezeichnungen für „Zucker“, nur um zu vermeiden, dass auf der Verpackung tatsächlich „Zucker“ steht. „Das Lebensmittelkennzeichnungsrecht sagt eigentlich ganz klar, dass wir das Recht auf verständliche Bezeichnungen haben, für die man weder ein Studium noch eine Lupe braucht. Aber da sind wir leider weit davon entfernt“, sagt Porstner.

Der Einfallsreichtum, den Hersteller bei der Vermarktung an den Tag legen, führt dazu, dass Konsumenten im Geschäft im Prinzip nicht erkennen können, welche Qualität ein Produkt hat. „Täuschung passiert bei teuren Markenprodukten genauso wie bei billigen“, sagen die Expertinnen und können den bereits gegeben Rat nur wiederholen: „Gehen Sie mit offenen Augen durch den Supermarkt, seien Sie ein kritischer Konsument!“

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