Mitten in der Faschingszeit ist der Alkohol nicht nur für Genießer und Partytiger ein Thema: Er beschäftigt auch Familienrechtsanwälte. Einer davon ist Clemens Gärner, der gemeinsam mit Susanna Perl eine Rechtsanwaltskanzlei in der Wiener Innenstadt führt und im Team rund 100 Scheidungsverfahren pro Jahr begleitet. Er sagt: „Alkoholkonsum ist nach Untreue einer der häufigsten Scheidungsgründe – er spielt in rund 40 Prozent unserer Fälle eine Rolle.“ Gerade nach Alkoholexzessen komme es in Ehen oft zu Bruchstellen. Gärner: „Sich einmal im Jahr volllaufen zu lassen, ist grundsätzlich noch kein Beziehungskiller. Aber wenn der Alkoholmissbrauch beziehungsstörend wird, dann gilt er als Eheverfehlung und kann Grund für eine schuldhafte Scheidung sein.“

Was beziehungsstörend ist, liegt freilich zu einem großen Teil im Auge des Ehepartners. „Zum Beispiel kann das heißen, dass eine Wesensveränderung eintritt und der Partner sich auf eine Art verhält, die beispielsweise abstoßend oder lieblos ist. Es kann auch heißen, dass das Intimleben aufgrund des Alkoholkonsums leidet. Beziehungsstörendes Verhalten kann auch vorliegen, wenn man im Rausch den Partner auf beruflichen Events blamiert“, erzählt der Experte aus der Praxis. Wichtig sei daher nicht so sehr, wie viel getrunken wird, sondern, wie es sich auf das Eheleben auswirkt.

Hinzu kommt laut Gärner, dass der Alkoholmissbrauch auch zum Auslöser für weitere ehestörende Verhaltensweisen wird – wie etwa eine außereheliche Affäre. Der Jurist warnt: „Ein wesentlicher Irrtum ist, dass man sich auf eine sogenannte ‚bsoffene G’schicht‘ ausreden kann. Wenn man im Rausch seinen Partner hintergeht, dann gilt das trotzdem als Eheverfehlung.“

Eine Eheverfehlung einfach zu behaupten, geht allerdings nicht. Gärner: „Vor Gericht muss der übermäßige Alkoholkonsum erst bewiesen werden.“ Zur Beweisführung gehören beispielsweise Fotos von den großen Mengen an leeren Flaschen, die sich angesammelt haben, oder Zeugenaussagen über das ausfällige Verhalten des Ehepartners. „Die Beweisführung ist, gerade wenn es um Alkoholkonsum geht, oft für alle Beteiligten unangenehm, muss aber sein,“ sagt der Experte.