"Oma, wie lang ist deine Leine heute?“ Diese Frage hört Judith illek* häufig, wenn sie – wie so oft – mit ihren Enkelkindern unterwegs ist. Doch auch wenn man es im ersten Moment vermuten möchte: Die Frage der Kinder bezieht sich nicht etwa auf eine Hundeleine – die Jüngsten sprechen damit scherzend den Sauerstoffschlauch ihrer Oma an, der die 64-Jährige samt Sauerstoffgerät seit 2014 überallhin begleitet. Denn Judith illek leidet an der Lungenkrankheit COPD.

2012 bekam illek starken Husten und wurde zum Lungenfacharzt geschickt: „Ich wusste schon, dass die Diagnose COPD lauten würde, bevor ich sie bekam“, erzählt die Pensionistin. Denn COPD kam schon zuvor häufig in ihrer Familie vor. Dazu kam, dass Judith illek bei ihrem Beruf in einer Buchdruckerei ständig Staub und Chemikalien einatmete. Und bis zum Tag der Diagnose war sie Raucherin: „Damit habe ich dann in der Sekunde aufgehört.“

Direkt nach der Diagnose ging es der Grazerin „gar nicht mal so schlecht“, wie sie erzählt. Doch zu Silvester 2013 verschlimmerte sich ihr Zustand: „Ich habe so flach geatmet, dass zu wenig Sauerstoff ins Blut gelangt ist.“ Daher bekam illek zuerst Nachtsauerstoff und dann schließlich ein Sauerstoffgerät, das sie 24 Stunden täglich begleitet.

„Seitdem ist meine Krankheit – abgesehen von geringen Schwankungen – stabil. Ich hatte mich relativ schnell mit meiner Diagnose abgefunden, denn für mich war klar: Davon lasse ich mich sicher nicht unterkriegen“, sagt die 64-Jährige. Eine große Unterstützung war für Judith illek stets ihre Familie. Diese half ihr auch ständig dabei, aktiv zu bleiben: „Das Schlimmste, was man tun kann, ist nichts zu machen.“

Auch wenn an manchen Tagen schon das Aufstehen und Ankleiden schwerfällt, achtet Judith illek darauf, regelmäßig Bewegung und Atemübungen in ihren Alltag zu integrieren: „Wenn ich etwa walken gehe, sind die ersten Meter meist sehr mühsam. Aber je länger man unterwegs ist, desto leichter wird es wieder.“ Was man allerdings akzeptieren muss: „Es geht alles langsamer – oder an manchen Tagen gar nicht. Innerhalb einer Stunde kann sich mein Zustand verändern.“


Manche Unternehmungen sind mittlerweile nicht mehr möglich – so etwa Flugreisen. Zu Hause hält das die Steirerin aber keinesfalls: „Wir fahren trotzdem regelmäßig auf Urlaub – mit der ganzen Familie. Man muss halt genauer planen und darauf achten, dass genügend Sauerstoff dabei ist und die Wege nicht zu weit und zu steil sind.“

Immer mehr wurde Judith illek aber klar, dass nicht alle COPD-Betroffenen auf so viel Unterstützung zählen können, welche sie von ihrer Familie bekommt: „Viele leben sehr isoliert. Sie schämen sich auch, mit ihrem Sauerstoffgerät auf die Straße zu gehen, und vereinsamen.“ Dazu kommt, dass einige nicht wissen, wo es die richtigen Anlaufstellen gibt, wenn man medizinische Fragen hat. Daher beschloss Judith illek 2019, gemeinsam mit ihrem Mann Georg eine COPD-Selbsthilfegruppe zu gründen.

COPD Austria ist in ganz Österreich aktiv: „Wir bemühen uns darum, dass es nicht nur in den Landeshauptstädten, sondern auch in den Regionen Gruppen gibt“, erzählt Georg illek. Willkommen sind Angehörige und Betroffene, die Informationen suchen oder sich einfach austauschen wollen: „Wir haben auch in der Pandemie darauf geachtet, dass es weiter Treffen gibt – online, versteht sich“, erzählen die beiden. Denn die Situation war für COPD-Patientinnen und -Patienten besonders belastend: Schnell wurde bekannt, dass sie zur Risikogruppe gehören: „Viele hatten wirklich große Angst.

Hoch hinaus

Aber nicht nur emotionaler Beistand wird geboten: Die Selbsthilfegruppe legt Wert auf gemeinsames Aktivbleiben. „Wir gehen spazieren und walken – jeder in seinem Tempo. Auch eine Yogagruppe für COPD-Betroffene gab es vor Corona. Diese möchten wir wieder ins Leben rufen.“ Am letzten COPD-Welttag wurde auf Einladung der Reha-Innsbruck sogar ein ziemlich steiler Ausflug gewählt: Gemeinsam bestiegen die Mitglieder die 283 Stufen der Bergiselschanze. Und das soll nicht das letzte Abenteuer bleiben: „Im Mai wird es gemeinsam auf den Grazer Schlossberg gehen – über die Stiegen, versteht sich.“