In der Fastenzeit verzichte ich auf Fertig-Essen und künstliche Geschmacksverstärker. Aber ist Fertig-Essen an sich überhaupt ungesund?
DANIELA GRACH: Grundsätzlich muss man bei Fertig-Essen unterscheiden, von welcher Art es ist. Wenn man beispielsweise beim Bauernmarkt gekochte Käferbohnen oder eine geschälte gekochte rote Rübe kauft, ist das ebenso ein Fertig-Essen, welches aber regional und saisonal ist. Was man jedoch normalerweise unter Fertig-Essen versteht, kann jedoch aus mehreren Gründen problematisch sein.

Aus welchen Gründen?
Durchschnittlich enthalten Fertig-Gerichte oftmals einen hohen Fettanteil, da Fett auch den Geschmack transportiert, aber auch mehr Zucker und mehr Salz. Ein hoher Salzanteil kann sich beispielsweise auf den Blutdruck, Wassereinlagerungen und somit auf das Herz-Kreislauf-System sowie die Nieren negativ auswirken. Außerdem kann sich unser Geschmackssinn durch hohen Konsum von Fertig-Essen verändern. Und den Aspekt der Nachhaltigkeit sollte man auch nicht außer Acht lassen, denn diese Produkte, egal ob Sandwiches oder ganze Menüs, sind oftmals in Plastik verpackt. Es ist schon abstrus, aufgeschnittenes Obst in einer Plastik-Verpackung zu verkaufen.

Um auf den Geschmackssinn zurückzukommen: Ich selbst habe gemerkt, dass ich Süßes mittlerweile intensiver wahrnehme und sogar Lebensmittel, wie rohe Tomaten, die mir vor der Fastenzeit gar nicht geschmeckt haben, nun gerne esse. Kann diese Änderung in der kurzen Zeit tatsächlich geschehen sein?
Ja, das ist möglich. Es ist bekannt, dass bei Menschen, die eine Woche Fasten und völlig auf Nahrung verzichten, sich der Geschmack merklich verschärft. Das Problem ist: Durch den Konsum von Fertig-Essen kann sich die Süß-Wahrnehmung reduzieren und man braucht mehr Süßes, um auf das Genusserlebnis zu kommen. Wenn ich den Konsum von Süßem reduziere, brauche ich weniger Zucker, um den vollen Genuss zu erlangen. Das gilt auch für Salz.

Daniela Grach ist Diätologin und Dozentin am Institut Diätologie der FH Joanneum
Daniela Grach ist Diätologin und Dozentin am Institut Diätologie der FH Joanneum © KK

Ich habe seit Beginn der Fastenzeit beim Einkauf auch sehr darauf geachtet, keine Produkte mit künstlichen Geschmacksverstärkern zu kaufen. Wieso sollte man diese nicht konsumieren?
Grundsätzlich gilt für Zusatzstoffe, dass sie von Expertengremien vor der Zulassung auf deren Unbedenklichkeit geprüft werden. So auch Geschmacksverstärker. Langzeitstudien fehlen jedoch oftmals und individuelle Unverträglichkeiten kennen wir aus der Praxis. Es ist aber bekannt, dass Geschmacksverstärker das individuelle und natürliche Geschmacksempfinden negativ beeinflussen und natürliche Lebensmittel dadurch ein geringeres Geschmackserlebnis bieten. Wenn die Konsumenten, da muss man auch Kinder besonders ansprechen, nur den intensiven und übertriebenen Geschmack gewohnt sind, schmecken ihnen frisch zubereitete Speisen nicht. Kinder kennen manchmal den natürlichen Geschmack von Lebensmitteln nicht mehr, was deren Akzeptanz negativ beeinflusst.

Auf Verpackungen lässt sich immer öfters der Hinweis „ohne künstliche Geschmacksverstärker“ finden, dafür ist aber mit Hefeextrakten ein Zusatzstoff enthalten, der ja den gleichen Effekt bewirkt.
Hefeextrakt ist ein natürlicher Geschmacksverstärker, der fast gleich wirkt wie künstliches Glutamat. Hefeextrakt ist nicht direkt ungesund, hier geht es vor allem auch wieder um die Geschmacksprägung. Besser wäre es daher, auch darauf zu verzichten.

Wenn man weiß, dass diese Produkte problematisch sind, warum nimmt dann der Anteil an Fertig-Essen in Supermärkten zu? Spielt da auch auch die Bequemlichkeit der Konsumenten eine Rolle?
Natürlich ist es vermeintlich eine Zeitersparnis, auf diese Produkte zurückzugreifen. Wir leben in einer Zeit, in der viele Menschen in der Arbeit stark belastet sind, nur kurze Mittagspausen haben und spät nach Hause kommen. Und da ist dann die Frage, wofür ich meine restliche Zeit aufwende? Ein Convenience-Produkt zu verwenden ist oftmals praktischer, einfacher und schneller. Die Zeitknappheit ist oftmals schwierig zu ändern, hier gilt es die eigenen Wertigkeiten zu hinterfragen und zu ändern.

Wie sieht es eigentlich mit dem finanziellen Aspekt aus? Mir ist aufgefallen, dass es nicht unbedingt billiger ist, auf Fertig-Essen zurückzugreifen.
Das stimmt. Fertig zubereitete Speisen sind oftmals teurer, als wenn ich sie selbst zubereiten würde. Außerdem ist selbst Kochen grundsätzlich nachhaltiger. Durch das zunehmende Angebot an Fertig-Essen schwinden aber auch die Kochkenntnisse und das Wissen über Lebensmittel und deren Zubereitung. Das ist sicher ein großer negativer Aspekt. Denn die Folge ist, dass man die Lebensmittel nicht mehr wertschätzen kann, keine Bezüge zu Lebensmitteln mehr vorhanden sind und man diese vielleicht deshalb auch schneller wegwirft. Aber wenn es Fertig-Essen sein soll, dann wären regionale und saisonale (Halb-)Fertigprodukte, die keine künstlichen Zusatzstoffe enthalten, zumindest eine gute Alternative.