44 Tage ist es her, dass vier Redakteurinnen und Redakteure Abschied nahmen - von Liften und anderen Aufstiegshilfen, von Zucker in zugesetzter Form, von Zeiträuber-Plattformen des Mark Zuckerberg und von tierischen Bestandteilen im Essen. Der Abschiedsschmerz war bei manchen größer als bei anderen, die Herausforderungen und Entbehrungen der Fastenzeit für die einen schlimmer zu ertragen als für andere.

Das Resümee zeigt: Eine bleibende Erfahrung war es für alle. Claudia Felsberger will so auch in Zukunft zuckerfreie Tage einlegen - wenngleich das Leben zu kurz scheint, um ganz auf Süßes zu verzichten. Markus Zottler kehrt zu Facebook zurück, aber seltener. Kerstin Oberlechner will weiter zu Fuß in die Redaktion gehen und Sonja Saurugger nimmt sich eine Vegan-Light-Variante mit ein bis zwei tierfreien Tagen pro Woche vor. Mögen die Vorsätze kein Neujahrsschicksal erleiden!

Markus Zottler

Markus Zottler: Zuckerbergentzug

Fünf Lehren aus der Zeit ohne die Geschwister

Sorry, Mark. Hätte ich die Stärke des Bebens vorausgesehen, das mein Abwenden von dir auslöste, hätt ich es mir vor rund 40 Tagen vielleicht anders überlegt. Großes, Social-Media-geprüftes Ehrenwort!

Wobei: Vielleicht bin ich gar nicht der Alleinschuldige und du trägst selbst auch ein wenig Verantwortung am jüngsten Vertrauensverlust - der sich nicht nur als Aktienkurstiefflug mit einem satten Marktwertminus von 80 Milliarden Euro abbildete. Aber zurück in bodenständigeres Gefilde und zu fünf Lehren, gesammelt in der Zeit ohne das umtriebige Geschwister-Trio WhatsApp, Instagram und Facebook:

Erstens: Meine Welt brach nicht zusammen. Nie hatte ich das Gefühl, plötzlich soziales Eiland zu bewohnen.

Zweitens: Zu lieben Freunden riss der Kontakt während des Fastens dennoch ab. Die Plattform-Blase, sie existiert.

Drittens: Meine tägliche Smartphone-Bestaunung sank ohne Facebook, Instagram und WhatsApp im Schnitt um 40 Minuten. Waren die ersten Tage vollgepumpt mit digitalen Ersatzdrogen, rasselte die Bildschirmzeit nach einer Woche Abstinenz flott nach unten. Facebook verteilt das Gefühl des Gemochtwerdens also möglicherweise schneller und stärker als die Konkurrenz.

Viertens: Man kann gut ohne Zuckerberg-Dienste leben und trotzdem die Vorzüge digitaler Kommunikation genießen. Telegram oder Signal als der Nische entflohene WhatsApp-Alternativen oder die abermals entflammte Zuneigung zur smarten Linkschleuder Twitter seien exemplarisch genannt.

Fünftens: Bequemlichkeit (Organisation von Veranstaltungen!) und berufliche Gründe triumphieren. Mark, ich kehre zurück!

Aber seltener.

Claudia Felsberger

Claudia Felsberger: Zuckerfasten 

Kein bisschen verbittert

Sechs zuckerfreie Wochen liegen hinter mir und ich bin kein bisschen verbittert. Im Gegenteil. Es geht mir so gut wie schon lange nicht mehr. Ich schlafe besser, bin morgens - auch wenn ich frühdienstbedingt um 4 Uhr aufstehe - voller Energie und auch beim Sport konnte ich mich steigern.

Zugegeben: Hin und wieder habe ich eine Fastenpause eingelegt (Stichwort: italienische Croissants) und es gab keinen einzigen Tag, an dem ich auf Obst - die Zuckerbomben der Natur, wie ich mir hab sagen lassen - verzichtet habe. Aber unterm Strich habe ich wesentlich weniger Süßes zu mir genommen als vor der Fastenzeit.

Jetzt stellt sich die Frage, wie ich den Zucker in Zukunft handhaben soll. Für mich steht fest: Ich will nicht vollkommen in alte Verhaltensmuster zurückfallen. Also habe ich mir vorgenommen, fortan regelmäßig zuckerfreie Tage einzulegen. Was ich aber auch nicht will: Alleine beim Anblick eines Schokokuchens ein schlechtes Gewissen bekommen.

Das Leben ist viel zu kurz, um auf süße Versuchungen und andere Genüsse zu verzichten. Daher gilt: Ja zu Zimtschnecken, Ja zu Schokolade, Ja zu italienischen Croissants und Ja zu italienischen Croissants. Richtig, sogar zwei am Stück sind erlaubt. Zumindest hin und wieder.

Kerstin Oberlechner

Kerstin Oberlechner: 8000 Schritte 

Es ist Zeit, zu gehen

Mach beim Fastenexperiment mit, haben sie gesagt. Das macht Spaß, haben sie gesagt ...

Auf Liftfahren zu verzichten war ein Leichtes. Aber 8000 Schritte jeden Tag „herunterzuspulen“, stellte mich vor eine Herausforderung, an der ich (zu) oft gescheitert bin. Nach einem langen Arbeitstag etwa, wenn ich keine Lust hatte, nachts mit dem Schrittzähler um die Häuser zu ziehen - ich meine damit GEHEN, nicht feiern. Schlechtes Gewissen und sinkende Motivation inklusive. Es folgten aber zum Glück Zeiten, in denen ich leichtfüßig und gut gelaunt meine 8000 Schritte und mehr erreichte. Meist dann, wenn ich dabei nette Gesellschaft hatte.

Ein cooler Nebeneffekt des Experiments war, dass ich mein Umfeld damit anstecken konnte. Nach dem Motto „Gehst du noch oder zählst du schon?“ wurde ich laufend (und stehend) gefragt, wie viele Schritte ich schon zurückgelegt habe. Im Gegenzug verrieten mir Freunde, Familie und Kollegen ihre Tageszahl.

Wie soll es nach 46 Tagen und 419.345 zurückgelegten Schritten weitergehen? Hoffentlich zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Denn eines werde ich jedenfalls beibehalten: den täglichen Spaziergang in die Redaktion. Und auch die obligatorische Frage „Na, wie geht's?“ wird wohl bleiben. Denn die ist zum echten „Running Gag“ geworden.

Sonja Saurugger

Sonja Saurugger: Tierefasten

Wenn es doch so einfach ist

Das Ende kommt zu früh. Die letzten waren supergute vegane Tage: Das Kochen hat Spaß gemacht, die regionale Herausforderung hat den Ehrgeiz gekitzelt. Das darf den Rückblick aber nicht verklären, deshalb muss ich sagen: Es war nicht immer lustig - aber insgesamt viel einfacher als gedacht.

Unlustig war veganes Essen dann, wenn ich nicht selbst Chefin darüber war, was auf den Teller kommt. Im Hotel zum Beispiel, wo das Frühstücksbuffet eine Tour de Force durch die verführerischen Wahlmöglichkeiten der Allesesser ist, die dann mit einem mickrigen Sojajoghurt belohnt wird. Und in Lokalen, wo auf die Frage „Was will ich?“ die Antwort lautet: Das eine Gericht darf ich essen. Weil ich außerdem Brotliebhaberin und Jausnerin bin, waren das - vor allem nach dem Bruch mit Hummus, Sie erinnern sich - auch nicht immer beglückende Esserlebnisse.

Aber: Die positiven Erfahrungen überwiegen! Ich habe Nahrungsmittel schätzen gelernt, die ich vorher noch nie gekauft hatte (Süßkartoffeln, mnomm). Ich habe die ausgetretenen Pfade beim Einkauf und in der Kochroutine verlassen, bin zur versierten Eintopfköchin geworden und habe die Liste an vorgemerkten Rezepten noch nicht fertig.

Ich fühle mich gut: Dieses schwere Gefühl des „Angefressenseins“ hat sich in den letzten Wochen nie eingestellt und ich habe kaum Blödsinn zwischendurch gegessen - ging ja nicht. Bis auf wenige Ausnahmen (siehe vorhin) hat sich das Experiment nicht nach Verzicht angefühlt.

Apropos gut fühlen: In den USA haben Forscher aktuell berechnet, dass 350 Millionen mehr (!) Menschen durch die Landwirtschaft versorgt werden könnten, würde ganz Amerika vegan essen. Trotzdem: Ich freue mich auf ein Osterei und Mamas Pinzen. Aber der überlegte Konsum und ein, zwei vegane Tage die Woche werden bleiben - wenn es doch so einfach ist.