Im Schlafzimmer ist es dunkel. Das Licht ist aus und Maria (39) hat ihre Augen schon geschlossen. Plötzlich leuchtet das Handydisplay auf. Das grelle Licht erfüllt den Raum und ein lautes „Ding!“ ist zu hören: Er hat wieder eine Nachricht geschickt.

Der Beginn von Marias Geschichte hört sich an wie der Traum vieler Menschen. Plötzlich und unerwartet schien das Unmögliche zu passieren: Durch eine Nachricht auf Instagram meldete sich eines Tages vermeintlich ihr Lieblingssportler bei der 39-Jährigen – nicht über das offizielle Profil, über sein privates, wie er angibt. Auf die Frage hin, wie sie zu dieser Ehre komme, antwortet er: „Ich will auch normale Menschen kennenlernen.“

Es dauert ein halbes Jahr – ein halbes Jahr voller schmeichelhafter Nachrichten und eindringlicher WhatsApp-Unterhaltungen – bis er die Kärntnerin erstmals um Geld fragt. Er brauche finanzielle Unterstützung für ein Kinderheim. Maria war skeptisch und überwies nicht.

Doch immer, wenn die Zweifel wuchsen, schaffte es ihr Gegenüber, sie wieder von seiner Identität zu überzeugen: „Er schickte Fotos von sich, die nirgends im Internet zu finden waren, und wusste jedes Detail über Trainingsabläufe und Ähnliches.“ Nach eineinhalb Jahren konnte Maria schließlich einen Abschluss finden: Sie fuhr zu einem Fantreffen des Sportlers und sprach ihn einfach direkt darauf an: „Er ist aus allen Wolken gefallen, denn er hatte keine Ahnung, dass unter seinem Namen vermutlich mehrere Frauen täglich hinters Licht geführt werden."

Ähnlich ging es Susanne (62) aus der Steiermark. Im Winter meldete sie sich auf der Datingplattform zusammen.at an. Dort folgten einige plumpe Anfragen. Bis sich plötzlich jemand meldete, der ganz und gar nicht plump wirkte: „Wie dieser Mann schrieb, hatte etwas sehr Poetisches – so wie ich es gerne mag“, sagt Susanne.

Das geplante Treffen in Graz platzte kurzfristig: „Er schrieb mir, dass er einen Tag früher zu seiner Dienstreise aufbrechen müsse. Und dass ihn das unglaublich traurig mache.“ Traurig war der Unbekannte seitdem laut eigenen Angaben oft: etwa, weil er den Valentinstag nicht mit Susanne verbringen konnte. Und auch sehr wütend: zum Beispiel, wenn sie sich mit einem anderen Mann traf.

Emotionsgeladen war dann auch eines Nachts eine Nachricht, die zu ungewohnt später Uhrzeit eintrudelte: Auf der Baustelle im Ausland, für die er verantwortlich sei, hätte es einen Unfall gegeben. Er müsse nun viel Geld zahlen und habe Angst. Es folgten immer wieder Meldungen über Geldprobleme. Um finanzielle Unterstützung fragte er aber so gut wie nie direkt – er wartete, bis Susanne es anbot. „Bis heute haben wir Kontakt. Ich bin mir zu 95 Prozent sicher, dass es sich um einen Betrüger handelt. Aber solange ich nicht 100 Prozent Gewissheit habe, kann ich nicht abschließen“, so die Steirerin. Beim Abschließen helfen soll ein Buch, das sie über diese Erfahrung schreiben möchte.

Und Maria? Sie wird nach wie vor immer wieder von Betrügern kontaktiert. Doch sie hat eine Strategie: „Wenn sich so jemand bei mir meldet, schreibe ich mit ihm, tu so, als würde ich nichts ahnen und halte denjenigen hin. Denn solange dieser Mensch bei mir an der Angel hängt, hat er nicht die Zeit, eine andere Frau zu kontaktieren, die vielleicht nicht gut informiert ist und tatsächlich darauf einsteigen würde.“