Artischockenfans kennen es nur zu gut: stachelige, harte Schale, weiches Herz. Wer sich an das zugegeben nicht ganz mühelose Entblättern der Artischocke wagt, wird mit einem butterzarten Genuss mehr als entschädigt. Beim Blick auf die Silberdistel würde den meisten aber nicht im Traum einfallen, da auch nur hinzugreifen. Doch wie so oft: Die Mühe lohnt! „Der dickfleischige Blütenboden der Pflanze ist essbar und hat einen tollen, feinen Geschmack, der an frische Haselnuss erinnert“, erklärt Dominik Utassy von der Geiger Alm in Altaussee.

Video - So bringt Utassy Distel auf den Teller

Direkt neben der neuen Loser-Panoramabahn lockt die kleine, aber feine Hütte seit einigen Jahren Genussmenschen weit über die heimischen Grenzen hinaus an. Das ist auch den einschlägigen Gourmetbibeln aufgefallen und dadurch zählt die Geiger Alm mittlerweile zu den spannendsten Adressen des Landes. Utassy kocht Gerichte mit internationalem Touch, Gattin Eva serviert die passenden Weine. Gerne regional, aber nicht zwingend.

Es empfiehlt sich die Silberdistel mit Handschuhen zu putzen.
Es empfiehlt sich die Silberdistel mit Handschuhen zu putzen. © Jürgen Fuchs

Bekommt er allerdings einen Anruf von Kordula, ist die Freude groß. Das bedeutet nämlich, dass wieder einmal eine Ladung Disteln ansteht. Alle bergaffinen Genussspechte haben sie bestimmt schon bemerkt: Die Silberdistel findet man auf trockenen Magerweiden, Heiden oder steinigen Hängen. Auf den Almwiesen ist die Distel leicht zu finden, da sie wegen ihrer stacheligen Blätter vom Vieh stehen gelassen wird. Wie bei der Artischocke ist der dickfleischige Blütenboden der Pflanze essbar und hat einen nussigen Geschmack.

Als „Jägerbrot“ dient es Bergfexen in Not schon seit Jahrhunderten als alpiner Snack. Weitere Volksnamen wie Distelbrötchen, Schusterloabl, Almkohlrabi oder Wilde Artischocke erzählen heute noch davon. Zudem nutzte man die Silberdistel immer schon als Heilpflanze. Die Wurzel soll Fieber senken oder auch die Monatsblutung anregen. Vor allem war sie aber als Kraftwurz und Aphrodisiakum begehrt. Angeblich bekam man die Stärke von neun Männern, wenn man neun Wurzeln zur Sommersonnenwende ausgrub, in Wein siedete und trank. Auch Utassy löscht die in der Pfanne schmurgelnde Silberdistel mit Weißwein ab. Er kocht sie mit Zwiebeln und Kräutern kurz auf und kombiniert sie mit Wolfsbarsch, Entrecôte-Deckel und Muscheln.

Die stacheligen Blätter abschneiden und den Blütenboden freilegen.
Die stacheligen Blätter abschneiden und den Blütenboden freilegen. © Jürgen Fuchs
In einer heißen Pfanne mit Olivenöl scharf anbraten. Grob gewürfelte Zwiebel, eine angedrückte Knoblauchzehe mit Schale und Kräuter nach Wunsch dazugeben und alles leicht salzen. 
In einer heißen Pfanne mit Olivenöl scharf anbraten. Grob gewürfelte Zwiebel, eine angedrückte Knoblauchzehe mit Schale und Kräuter nach Wunsch dazugeben und alles leicht salzen.  © Jürgen Fuchs