Der zehnjährige Nat Love (Jonathan Majors) weiß nicht, wie ihm geschieht: Vater und Mutter erschossen und der Mörder zückt das Rasiermesser, um ihm ein Kreuz in die Stirn zu schneiden. Sein Name: Rufus Buck (Idris Elba), der Gottseibeiuns irgendwo im Nirgendwo. Jahre später sinnt unser junges Opfer auf Rache – was sonst, es ist ein Western. Daraus ergibt sich die vorgegebene Startaufstellung: Gruppe A, die Guten gegen Gruppe B, die Bösen. Wobei: Gewalt und Leichen pflastern beider Wege. Der Gesetzlose Nat Love gegen Rufus Buck. Alles läuft unweigerlich auf den Showdown hinaus.

Der britische Musiker Jeymes Samuel (The Bullitts) legt mit dem Afrowestern „The Harder They Fall“ sein Langfilmdebüt vor.
Den Western hat er nicht neu erfunden, aber das wollte er gar nicht, weil es den Klassiker braucht, um den Vergleich zu ziehen. Dieser war im Kern immer die Erzählung von den weißen Helden, Indigene und Schwarze waren für gewöhnlich Gegner oder Randfiguren. Samuel aber setzt zum größten Teil auf einen schwarzen Cast, der reale Figuren verkörpert, die im Wilden Westen einst große Nummern waren: Nat Love, Rufus Buck, Cherokee Bill oder Stagecoach Mary. Outlaws, wie sie im Buche stehen, aber eben nicht in den Büchern der weißen Helden.


Dass der Regisseur vom Stil Quentin Tarantinos beeinflusst ist, wird er nicht abstreiten: Schnelle Schnitte, gepaart mit einer typischen Lässigkeit einzelner Charaktere. Deren Auftreten und Handeln untrennbar mit dem musikalischen Konzept von Jay-Z verbunden ist. Von Reggae bis Hip-Hop, der Starmusiker schafft eine stimmige musikalische Klammer. Nicht zuletzt wurde eine gute Portion Humor interpoliert und so klug austariert, dass es nicht ins übertrieben Komödiantische kippt. Ach ja, eine ziemliche Riege an Stars tummelt sich hier: neben Idris Elba und Jonathan Majors, Regina King, Zazie Beetz, Delroy Lindo, LaKeith Stanfield und Danielle Deadwyler. Und natürlich wird auch scharf geschossen – beständig fliegt einer vom Dach, von der Stiege oder kippt auf dem Weg zur Bank tot um. Keine Frage: Der Film hat ein blödes Timing, nicht nur einmal muss man an den tödlichen Schuss vor zwei Wochen bei den Dreharbeiten zum Western „Rust“ denken.

„The Harder They Fall“ auf Netflix.