"Ich war nie der Kandidat einer Partei", wiederholte der designierte ORF-Generaldirektor Roland Weißmann gestern in der ZIB2 so mantraartig, wie er es auch in Interviews der letzten Wochen getan hatte. Anchorman Armin Wolf nahm das seinem künftigen Chef nicht ab und betonte, "dass Sie natürlich der Kandidat einer Partei" waren.

Wenige Stunden, nachdem der ORF-Stiftungsrat Weißmann als Nachfolger von Alexander Wrabetz bestellt hatte, saß der künftige ORF-Generaldirektor im ZIB2-Studio. Wolf sprach ihn darauf an, dass Weißmann mehrmals an Treffen der ÖVP-nahen Stiftungsräte teilgenommen hatte. Wie oft habe er an Freundeskreis-Zusammenkünften anderer Parteien teilgenommen? Weißmann versuchte auszuweichen und verwies darauf, dass es selbstverständlich sei, mit Stiftungsräten zu sprechen. Das täten auch die Mitbewerber. Wolfs Nachfragen kam zu keiner anderen Antwort.

Ein langes Schweigen

Wolf behandelte seinen künftigen Vorgesetzten nicht mit Samthandschuhen, machte in seiner konsequenten Interviewführung auch bei Weißmann keine Ausnahme. Kurios wurde es, als Wolf sein Gegenüber fragte, warum dieser eigentlich gegen Wrabetz angetreten sei und was er eigentlich besser könne als sein Vorgänger? Weißmann überlegte lange bis er antwortete: "Es ist jetzt gar nicht die Frage, was jemand besser kann." Am Ende verwies der Vizefinanzdirektor, der unter anderem für orf.at verantwortlich ist, auf die Notwendigkeit der Digitalisierung.

Angesprochen auf die kolportierten zwei Direktoren (Programm und Finanzen), bei denen den grünen Stiftungsräten ein wesentliches Mitspracherecht eingeräumt werden soll, winkte Weißmann ab: "Ich habe mich mit niemandem abgesprochen". Keine Absprachen? "Mit mir nicht". Stimmt das, wurden die Deals hinter seinem Rücken eingefädelt: Die Grünen-Mediensprecherin EvaBlimlinger hat den Deal mittlerweile gegenüber dem "Standard" bestätigt. Eine "Unterwerfung" will sie nicht erkennen: Hätten die grünen Vertreter nicht für Weißmann votiert, "wäre der Einfluss der ÖVP im ORF am Ende größer", erklärt Blimlinger.

Macht Wrabetz Wolf zum Digital-Chef?

Brisant war das Interview Armin Wolfs mit Roland Weißmann auch durch eine Ankündigung in der Abschiedsrede von Wrabetz nach der ORF-Abstimmung. Der 61-Jährige sprach davon, dass jetzt "vier besondere Monate" warten würden, in der es noch zahlreiche Projekte umzusetzen gelte. Konkret geht es um die personelle Besetzung im multimedialen Newsroom, der zentralen Informationsschaltstelle am Küniglberg für Radio, Fernsehen, orf.at und die sozialen Netzwerke. Als Digital-Chef brachte Wrabetz einen der bekanntesten ORF-Mitarbeiter ins Spiel: Armin Wolf. Im Gespräch zwischen Wolf und Weißmann kam dieses Thema leider nicht zur Sprache. Das wäre womöglich für beide unangenehm gewesen.

Ergänzung [17.45 Uhr]: Auf Twitter erklärte Wolf zu den Überlegungen von Alexander Wrabetz: