Sie gilt als erste österreichische Regisseurin und Filmproduzentin: Louise Kolm-Fleck (1873 bis 1950). Gemeinsam mit Heinz Hanus, einem der ersten österreichischen Spielfilmregisseure und Drehbuchautoren der Stummfilmzeit, soll sie das Drehbuch zum Drama „Von Stufe zu Stufe“ geschrieben und es gemeinsam mit ihrem Mann Anton Kolm und dem Kameramann Jakob Fleck realisiert haben. Der Film, der vermutlich 1908 erstmals auf Leinwand gezeigt wurde und damit der erste österreichische Spielfilm überhaupt wäre, gilt als verschollen.
Es ist diese Leerstelle, um die Felix Kuchers neuer Roman kreist. Denn im Jahr 2021 stößt der Filmwissenschaftler Marc zufällig bei Kalina, der rumänischen Pflegerin seiner Großmutter, auf Fotos von alten Filmrollen und meint, Frühwerke von Louise Kolm-Fleck entdeckt zu haben. Marc, dem vom Filmarchiv gekündigt wurde und der einer akademischen Karriere nachtrauert, sieht darin die wahrscheinlich letzte Gelegenheit, doch noch im Universitätsbetrieb Fuß zu fassen. Kurzerhand begleitet er Kalina nach Czernowitz auf der Suche nach dem verlorenen Filmschatz.
Diese zwischendurch höchst abenteuerliche Geschichte kurz vor Ausbruch des Ukraine-Kriegs verknüpft der Kärntner Autor (u.a. „Malcontenta“, „Vegetarianer“) geschickt mit der spannend und detailreich erzählten Entstehungsgeschichte des Filmes, in der Louise Kolm sich energisch und zielstrebig in einer Männerdomäne behauptet. Da entbehrt es dann nicht einer gewissen Ironie, dass sich der eher antriebslose und nicht sonderlich sympathische Marc ein Jahrhundert später ganz gerne als Opfer der Frauenquote sieht.