Dass der Titelheld von Richard Wagners "Lohengrin" nur eine Illusion ist, ein Trugbild, als letzter Ausweg von der eines Mordes angeklagten Elsa herbeifantasiert, das ist ja schon häufig zur Diskussion gestellt worden. Warum die Bevölkerung Brabants ebenfalls dieser Täuschung erliegt, war immer das Problem dieser Idee. Anna Viebrock, Jossi Wieler und Sergio Morabito setzen aber genau dort an und zeigen Lohengrin als einen Talmi-Messias, dessen glitzernde Rüstung eher an eine Discokugel erinnert: Eine Schimäre, den eine nach einfachen Lösungen dürstende Masse nur zu gern als Führer annimmt. Lohengrin als Produkt einer Massenpsychose, das wirkt verstiegen, ist aber im Kontext der deutschen (Un-)Heilsgeschichte, in der diese Oper ein wichtiges Kapitel darstellt, zumindest spannend.