Grenzen sprengen, ausloten oder überschreiten. Wörtlich, bildlich, geografisch und historisch. Die Viennale feierte Halbzeit und sperrte in einigen der schönsten Kinosäle Wiens Augen, Ohren und Gedanken auf mit Filmen, die in entlegenste Orte entführen, ihre Österreich-Premiere feiern oder auf Festivals von Cannes bis Locarno reüssierten.

Bei Letzterem wurde „Space Dogs“ der Kärntnerin Elsa Kremser und ihres deutschen Regiepartners Levin Peter von der Kritik bejubelt. Die Kamera (Yunus Roy Imer) folgt einem Rudel Straßenköter in Hundeaugenhöhe durch die Moskauer Nacht. Erzählt wird die Geschichte der Hündin Laika, des ersten Lebewesens im All, die 1957 beim Wiedereintritt in die Atmosphäre starb. Erzählt wird auch die Geschichte einer sowjetischen Propaganda - sich von unten nach ganz oben zu arbeiten. Der poetisch-politische Film geizt auch nicht mit Archivaufnahmen der Popstars aus dem All: Belka und Strelka.

Über Nacht erwachsen - das werden die beiden Protagonistinnen (Kaitlyn Dever und Beanie Feldstein) in der erfrischenden Coming-of-Age-Geschichte „Booksmart“, dem Regiedebüt der Ex-Schauspielerin Olivia Wilde. Streberinnen, die in einer Nacht das versäumte Partyleben nachholen und entdecken, was sie alles versäumt haben. Klingt abgedroschen, entpuppt sich jedoch als kluge, tiefgründige, witzige, diverse Highschool-Komödie. Die gute Nachricht: "Booksmart" läuft ab 14. November in den Kinos an.

Schon beim betörend begehrenswerten Eröffnungsfilm „Porträt einer jungen Frau in Flammen“ von Céline Sciamma machte Intendantin Eva Sangiorgi klar, dass ihr zeitgemäße, haltungsstarke, widerständige Filme am Herzen liegen.

Und der weibliche Blick dazu. Das Kostümdrama vor der rauen bretonischen Küste verhandelt Themen wie Freiheit, Unabhängig und vor allem Selbstbestimmtheit. Die Aristokratin Héloïse (großartig: Adèle Haenel) sträubt sich dagegen, gemalt zu werden. Ihre Mutter will auf dem Gemälde dem Mailänder Aristokraten seine künftige Verlobte präsentieren. Sciamma erforscht das Historische, um einen Blick in die Zukunft zu wagen. Der Film ist wie ein Festakt für das Weibliche - im Kino ab 13. Dezember.

Und: Es warten noch aufregende Wiedersehen mit alten Bekannten - in „Die Dohnal“ von Sabine Derflinger, in „Dieser Augenblick ist ein Geschenk“ von Anja Salomonowitz über den Schweizer Künstler Daniel Spoerri oder in Nick Broomfields Doku „Marianne & Leonard“, die die tiefgehende, aber vernachlässigte Lovestory von Leonard Cohen und dessen Muse Marianne Ihlen rekonstruiert - dieser Film läuft ab 7. November im Kino an.