Die Wörthersee-Classics hätten am 29. November starten sollen, jetzt der neuerliche Lockdown. Wie gehen Sie damit um?
ELENA DENISOVA: Wir haben wieder einmal Konzerte verschoben, mittlerweile bin ich schon so geübt, ich könnte vielleicht auch schon die Alpen verschieben (lacht). Nein, im Ernst: Wirklich schlimm war es im März, wo wir das ganze Festival neu ausrichten mussten. Damals haben wir aber schon Ersatztermine für die Ersatztermine eingebucht – und das hat uns jetzt geholfen. Das Eröffnungskonzert mit dem Philharmonischen Orchester Györ findet jetzt zum Abschluss am 13. Dezember unter dem Motto „Zurück zur Musik“ statt.


Und der Auftakt?
Wir starten ganz sanft am 4. Dezember mit dem Vortrag „Die Erlösung der Sprache in der Wahrheit der Musik“ von Elisabeth Gutjahr, der Rektorin am Mozarteum Salzburg. Da testen wir, ob das Publikum wieder kommt und zeigen umgekehrt, dass man sich sicher fühlen kann. Aber auch da gab es im Vorfeld Probleme . . .


Welcher Art?
Die Universität, wo unsere Vorträge immer stattfinden, hat uns vor einer Woche – an sich verständlich, aber viel zu spät – abgesagt. Ich musste also schnell neue Räumlichkeiten auftreiben und bin im Europagymnasium fündig geworden. Die Aula dort ist ein sehr schöner Rahmen für so eine Veranstaltung.


Sie haben auch ein Projekt zu CarinthiJa 2020 geplant?
Ja, und obwohl es sich für CarinthiJa 2020 nicht mehr ausgegangen ist, wollen wir es umso mehr machen: Dieter Kaufmann hat ein Werk geschrieben unter dem Motto „Tolleranza 2020“, die Uraufführung ist für den 6. Dezember geplant.


Sie haben den ersten Lockdown auch für ein Video genützt, das man auf Youtube sehen kann?
Ja, ich habe gelebt wie zu Studentenzeiten: Ich habe geübt, viel telefoniert und auf Auftritte gewartet. Zur Ablenkung habe ich mir gedacht: Ich mache ein Video, mit dem wir die Wörthersee Classics künftig bewerben können. Gedreht haben wir im Leopold-Museum vor tollen Bildern von Egon Schiele, ich habe die Sonata Nr. 1 von Eugène Ysaÿe gespielt. Das hätte ich nie gemacht, wenn der Lockdown nicht gekommen wäre.


Was haben Sie sonst gelernt?
Live-Konzerte über Youtube waren auch eine neue Erfahrung. Am 26. Oktober haben mein Mann Alexei Kornienko und ich ein Konzert gespielt, das in die Österreichische Botschaft von Buenos Aires übertragen wurde. Und im Sommer habe ich via Skype an der Polnischen Akademie für Rising Stars einen Meisterkurs gegeben. Man weiß oft gar nicht, wie viel man im Notfall kann.


Mittlerweile haben Sie aber auch wieder live gespielt?
Ja, natürlich, zum Beispiel beim Ljubljana-Festival. Währenddessen wurde übrigens bei uns in Wien eingebrochen und Schmuck gestohlen. Aber so etwas kann mich mittlerweile gar nicht mehr aufregen (lacht). Ich konzentriere mich lieber auf meine weiteren Pläne.


Und die wären?
Ich bringe jetzt noch eine CD heraus zum Beethoven-Jahr. Franz Hummel hat für mich das 2. Klavierkonzert transkribiert, außerdem drei Fidelio-Arien. Das fand ich schön: Der „Fidelio“ war meine erste Oper vor vielen Jahren, als ich Konzertmeisterin am Stadttheater Klagenfurt war. Aufgenommen haben wir die CD noch im Februar in Moskau, aber dann kam der europaweite Lockdown, Sony stoppte alle Produktionen und wir wussten wieder einmal nicht, wie es weitergeht. Ich hatte schon einen Termin bei der Deutschen Grammophon, da sagte Sony doch wieder zu. Es sind einfach schwierige Zeiten für die Kultur.


Wie sind Sie prinzipiell gestimmt?
Ich glaube, die Kultur wird sich bis 2025 nicht erholen, wir müssen das Verlorene langsam wieder aufbauen. Irgendwann wird es wohl zu einer Art Verteilungskampf um die Mittel kommen und wir können nur hoffen, dass die Kultur dabei nicht vergessen wird.


Apropos: Wie schaut es mit den Förderungen von Land und Stadt für die Wörthersee Classics aus?
Ein schwieriges Thema. Prinzipiell sind wir dankbar für jeden Cent, den wir bekommen. Aber als wir 2002 gestartet haben, bekamen wir von der Stadt 46.000 Euro und vom Land 131.000 Euro. Mittlerweile sind wir bei 10.000 Euro von der Stadt und 30.000 aus dem Kulturbudget des Landes – da sind wir gerade um 10.000 gekürzt worden. Das macht die Sache nicht einfacher. Die Einnahmen reduzieren sich ja auf die Hälfte – wir nehmen an, das wir auch im Dezember nur jeden zweiten Platz verkaufen dürfen. Dafür haben wir den dreifachen Organisationsaufwand. Aber, ehrlich gesagt: So Gott will, finden wir im Dezember statt – nur das zählt.

Wörthersee Classics.
4. Dezember, 19.30 Uhr. Vortrag von Elisabeth Gutjahr „Die Erlösung der Sprache in der Wahrheit der Musik“. Geige: Elena Denisova. Europagymnasium Klagenfurt.
6. Dez., 19.30 Uhr, Konzerthaus. U. a. Uraufführung „Tolleranza 2020“ von Dieter Kaufmann. Wiener Concert-Verein.
13. Dez. „Zurück zur Musik“. Konzerthaus Klagenfurt. 19.30 Uhr. Philharmonisches Orchester Györ
Infos: www.woertherseeclassics.com