Togo

In Disneys Konzernwelt ist genug Platz für zwei neue Schlittenhundefilme: „Togo“ entführt nach der Jack-London-Verfilmung „Call of the Wild“ erneut ins kalte Alaska. Willem Dafoe (erst kürzlich in „Siberia“ mit dem Hundeschlitten unterwegs) spielt den US-Norweger Leonhard Seppala, der zusammen mit seiner belgischen Frau Constance (Julianne Nicholson) Huskies trainiert. 1925 transportiert er in einer 300-Meilen-Fahrt lebensrettendes Diphtherie-Serum für Kinder ins Dorf-Krankenhaus von Nome - ein frühes Medienereignis. Kein Film für Impfgegner also, denn die legendäre amerikanische Rettungsgeschichte ist historisch verbrieft. Titelheld ist Führungshund Togo (gespielt vom blauäugigen Siberian Husky Diesel), laut der "Time Magazine"-Liste das heldenhafteste Tier aller Zeit.

In Rückblenden bekommen wir den süßen widerspenstigen Welpen präsentiert, der ins Herz seines Herrchen sprintet. Dass das, im Gegensatz zum knallbunten CGI-Misserfolg „Call of the Wild“, fast durchwegs ohne Kitsch und übertriebenen Computereffekt-Sturm abläuft, ist keine Kleinigkeit. Regisseur Ericson Core macht die unbarmherzige Natur-Gefahr der gefrorenen Beringsee spürbar und die Mensch-Tier-Beziehung glaubhaft. Angenehm abenteuerlich.

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Rocketman

Du musst den, als der du geboren wurdest, umbringen, um zu der Person zu werden, die du sein willst.“ Ein Ratschlag, den Reginald Dwight in den 60er-Jahren radikal umsetzt. Der noch unbekannte Musiker tauscht T-Shirt und Jeans gegen glitzernde Jumpsuits, extravagante Brillen und gibt sich den Künstlernamen Elton John. Was folgt, ist ein kometenhafter Aufstieg, der aus dem schüchternen Reggie einen Popstar von Weltformat macht.

Innerhalb kürzester Zeit landet das einstige Klavierwunderkind mit seinen Songs in den Charts und schreibt mit seinem kongenialen Songwriting-Partner Bernie (Jamie Bell) einen Hit nach dem anderen. Wirklich glücklich ist der „Rocketman“ aber nur auf der Bühne. Für ihn ein Zufluchtsort, an dem er sein kann, wer er will, und an dem seine traumatische Kindheit keine Rolle spielt. Abseits des Rampenlichts scheitert er: Falsche Freunde, Manager und Liebhaber wechseln sich mit Alkohol-, Sex- und Drogeneskapaden ab. Erst als ihm klar wird, dass er sich nicht ein Leben lang hinter der Kunstfigur verstecken kann, wagt Reginald den entscheidenden Schritt und beginnt eine Therapie.

Angesichts seines exzessiven Lebensstils und der erlittenen Kränkungen ist es ein Wunder, dass aus Elton John jener „Sir“ wurde, den die Queen 1998 in den Adelsstand hob. Schonungslos legt Dexter Fletcher, der als Regisseur im Queen-Biopic „Bohemian Rhapsody“ bereits Musikfilm-Erfahrung gesammelt hat, die innere Tour de Force seines Protagonisten offen. Taron Egerton („Kingsman“) singt und tanzt sich durch Elton Johns Licht- und Schattenseiten und macht auch in den Musicalszenen gute Figur. In knallbunten Kostümen und einem glamourösen Setting schmettert er energiegeladen dem Publikum einen Hit nach dem anderen um die Ohren.

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The Boy Who Harnessed the Wind

Malawi ist eher selten auf der virtuellen Filmleinwand zu sehen. Die Story von William in "The Boy Who Harnessed the Wind "  ist aber wie aus dem Bilderbuch-Drehbuch: Der Teenager baut in MacGyver-Manier aus Schrott eine Windrad-betriebene Wasserpumpe zusammen, gegen die Dürre in seinem Dorf.

Der Oscar-nominierte britische Schauspieler Chiwetel Ejiofor („12 Years a Slave“) hat sich die Bestseller-Memoiren von Selfmade-Ingenieur William Kamkwamba für seine erste Regiearbeit ausgesucht. Mit ordentlich Netflix-Budget filmte er vor Ort in Malawi, teilweise in der Chichewa-Sprache und spielt auch noch selbst die Rolle des skeptischen Vaters. Vorhersehbarer, aber ehrlich-echter, sensibler Familienfilm über Erfindergeist und Hoffnung. Inspirierend.

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What Did Jack Do?

Das fragt sich David Lynch in seinem 17-Minuten Film Noir, den Netflix ins Repertoire aufgenommen hat. Der Mordverdächtige: ein sprechendes Kapuzineräffchen, das Lynch persönlich verhört. In absurd-phrasenhaftem McCarthy-Stil fragt der Kultregisseur Jack, ob er jemals Mitglied der kommunistischen Partei gewesen war. Und wie das denn nun war mit seiner Geliebten Toototabon, einem Huhn. Wie in seinen fantasievollen frühen Horror-Kurzfilmen genießt Kino-Exzentriker Lynch die absurde Freiheit der kurzen Form. Tierisch unterhaltsam!

Auch Kultregisseur-Kollege PTA (Paul Thomas Anderson) ist mit einem 15-Minuten-Film auf Netflix. Das erweiterte Musikvideo „Anima“ zum Thom-Yorke-Album ist eine sinnlich-rhythmische Verfolgungsjagd gegen das Social Distancing, mit Yorke als romantischem Querkopf.

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