Wenn „Shootingstar“ auch bedeutet, dass man scharf mit Worten schießt, dann trifft dieses inzwischen inflationär verwendete Wort tatsächlich auf die US-Schriftstellerin Emma Cline (34) zu. Für ihr Debüt „The Girls“ (2016), in dem es um die Frauen im mörderischen Manson-Clan ging, erhielt sie einen Vorschuss in Millionenhöhe. Das Buch, eine Art halbfiktives Coming-of-Age-Drama, wurde auch verfilmt. Es folgte der Erzählband „Daddy“ und jetzt mit „Die Einladung“ ihr zweiter Roman.
Er spielt in sommerlichen Gefilden, erzeugt aber kalten Schauer.
Nein, sie ist alles andere als sympathisch. Alex lügt und betrügt sich durchs Leben, verkauft sich als Escortmädchen in der Stadt. Dann trifft die 21-Jährige auf Simon, einen geschmeidigen Finanzmakler, und folgt seiner verheißungsvollen Einladung in die Hamptons; in jenen ikonischen Ort also, wo die New Yorker Upperclass die Sommerfrische verbringt und ihre Exklusivität zelebriert. Auch Simon gegenüber präsentiert Alex eine Fakeversion ihrer selbst. Ein kleiner Fehltritt genügt allerdings, und sie wird wieder aus dem Hochglanz-Paradies geworfen.
Drückend und entlarvend
Die Sprache von Cline ist scharfkantig, ihr Befund scharfsichtig. Mit scheinbar gelassenen, fast beiläufigen Wortstrichen, in denen viel Zynismus, Wut, aber auch gedämpfte Traurigkeit liegt, skizziert und seziert sie Klassenunterschiede und Wohlstandsgesellschaft; eine Welt, in der der Gegensatz zwischen Arm und Reich immer größer wird; und in dieser Kluft befindet sich ein Vakuum mit enormer Sprengkraft.
Es geht um gegenseitige Manipulation, um Sein und Schein, um blitzblaue Pools und plätschernde Small Talks. Es geht vor allem um Lug und Betrug. Auf beiden Seiten. Nach dem Rauswurf bei Simon sucht Alex auf einer taumelnden Odyssee Behausung, innerlich und äußerlich. Ein bitteres Buch, angesiedelt in sommerlicher Atmosphäre. Drückend, schwül. Und entlarvend! Für beide Seiten.
Buchtipp: Emma Cline. Die Einladung. Hanser,
320 Seiten, 27,50 Euro.
