Bevor die alljährlichen Bachmannpreisfeiern einsetzen, rasch noch eine kleine Nestbeschmutzung. Aber keine Sorge: Ich bin nicht der Vogel, der sein Nest beschmutzt, bloß der Vogelfänger, stets lustig, heissa, hopsasa und lese in den Tagebüchern von Helmut Krausser, diesem „Literaturgenie“ (Kehlmann), wie er beim Bachmannpreis 93 abgeschmutzt wurde (über den habe ich in der Furche geschrieben.) Hat beim „kleinen literarischen Wetthuren“ in Klagenfurt, der „reizenden Stadt mit warmfarbigen Häusern“ im Grund fünf Tage gesoffen und sein Antrittsgeld verzockt. Und ist dämlich verrissen worden von der „zeitgenössischen Reichsschrifttumskammer“ (sehr schön!) Damals noch ein „riesiges, exquisites Büffet im ORF-Garten“.

Die deutsche Literaturkritik könne man grob in zwei Hälften zerteilen, die Popfraktion (immer hip, immer up to date, forever young Zeitgeist und Trends und krampfhaften Originalitätsprinzipien nachhechelnd, auf der Flucht aus der Mittelmäßigkeit in die Unüberprüfbarkeit, süchtig nach dem Neuen und Nochnichtdagewesenen) und die Klassikfraktion (süchtig nach immer neuen Thomas-Mann-Romanen). In Klagenfurt liebe man einfache Sachen.


Und schöne, schöne Sätze: „Kritiker sind Kunstpfaffen“. (Pfaffen gibt’s ja bald keine mehr. Die Zukunft gehört den Kunstimamen! Die geben dir auch nicht mehr die Hand!). „Stilkriterien, die hier an die Texte gelegt werden, sind altbacken, akademisch oder elfenbeinern“ (stimmt: Aber andere existieren nicht…), „die eingeladenen Autoren haben zu 80 % keine Zukunft (aber Zukunft im engeren Sinn ist das, was die restlichen 20 % haben, auch nicht gerade…; ausgenommen die 2 % Haderlap) „meist auch jene nicht, die hier ausgezeichnet werden. Tatsächlich gilt ein erster Platz in Klagenfurt als Stigma und Fluch – aus den 1.-Preis-Trägern ist selten etwas geworden (…) Zudem beginnt die Crux schon bei der Namensgebung: einen Preis, der nach der blöden Ingeborg Bachmann benannt ist, möchte ich sowieso nicht. Die Bachmann steht für alles, was ich in der Literatur verachte.“ Maxim Biller, ich erinnere mich. Schoeller, Auffermann, Hage, Leonhard, Camartin: Who? Drawert, Johansen, Kellein: Who cares?


Ist es heute anders? Akzidentell vielleicht. Prinzipiell nicht. Na ja. Wenn man in Klagenfurt ist, „fährt man nicht nach ‚Klagenfurt‘“.