Gertraud Jesserer war die Grande Dame des Wiener Burgtheaters und spielte in unzähligen Filmen mit. Auf viele berufliche Pleiten musste die Schauspielerin in ihrem Leben nicht zurückblicken, im Gegenteil: Als Teenager bekam sie ihre erste Filmrolle und debütierte bald darauf an der Josefstadt, dessen Ensemble sie bis 1969 angehörte. Nach vier Jahren am Schauspielhaus Hamburg kehrte sie nach Wien zurück und war dort seit 1974 Mitglied des Burgtheaters. Jesserer prägte mit der „Familie Leitner“ auch heimische Fernsehgeschichte und arbeitete mit Diven wie Romy Schneider oder Catherine Deneuve zusammen.

Die bekannte Wiener Schauspielerin ist am Donnerstagabend kurz vor ihrem 78. Geburtstag bei einem Wohnungsbrand in Wien-Alsergrund ums Leben gekommen. Das bestätigte ihr Sohn Michael Vogel am Freitag der Austria Presse Agentur. Privat stand Jesserer das Glück nicht zur Seite. Sie lebte von dem Schauspieler Peter Vogel (dem ersten Darsteller des Fernseh-Kommissars Kottan) schon länger getrennt, als dieser 1978 Suizid beging. Ein schwerer Schicksalsschlag traf sie, als ihr Sohn Nikolas im Juni 1991 als Kameramann und Kriegsberichterstatter bei einem Bombardement auf dem Flughafen in Ljubljana starb. Da war er erst 24 Jahre alt.

Sie spielte oft im „Talisman“, in dem sie auch am Stadttheater Klagenfurt die Frau von Cypressenburg spielte. 1970 spielte sie in Hamburg die Hauptrolle der Salome Pockerl: „Damals hatte ich den Bonus der charmanten Exotin“, erinnert sich die Mimin in einem Interview mit der Kleinen Zeitung. 1998 wurde sie mit dem Nestroy-Ring (dem Vorgänger des Nestroy-Preises) ausgezeichnet.

Dabei stand am Anfang ihrer Karriere ein Zufall: Ende der 1950er-Jahre wollte sie gerne im Film „Die Halbzarte“ mitspielen. Während sie in der Statistenschlange stand, kam der Aufnahmeleiter vorbei. „Der fischte mich heraus und sagte, dass man eine jüngere Schwester für Romy Schneider suchen würde. Und vom Aussehen und der Statur her würde ich gut passen. Regisseur Rolf Thiele ließ mich eine Szene lesen und ich bekam die Rolle.“ Gertraud Jesserer war damals 14 Jahre alt, Romy Schneider 19. Die beiden waren dann bis zum Tod von Romy Schneider befreundet: „Sie hat mir viele Briefe geschrieben, in denen sie von ihren Erlebnissen und Emotionen erzählt hat“, sagte Jesserer.