"Ohne uns wird’s still" geistert schon seit Wochen als Parole durch die Kulturszene. Am Mittwoch folgt mit dem "Schweigemarsch" in Wien ihre nächste Episode. Die Pandemie halte ein Brennglas auf die Gesellschaft, so die Organisatoren, die Kulturbranche habe schon davor gebrannt: "Jetzt wird sie abgefackelt", sagt Kulturarbeiter Willi Hejda. Filmemacher Erwin Leder ergänzt: "Persönliche Existenzen, die schon immer bedroht waren, werden massivst bedroht." Viele Soforthilfen seien nicht eingetroffen, der Schweigemarsch sei Notwehr.

Hinter der Demonstration steckt kein großer Masterplan. Vielmehr sei ihnen die Idee "wie ein kleiner Straßenköter zugelaufen", erzählt Schauspielerin und Marketingberaterin Eva Math: "Wir haben die Idee aufgenommen und schließlich den Schweigemarsch organisiert." Die Demonstration am Mittwoch wird aus zwei Richtungen zum Heldenplatz ziehen. Eine Gruppe trifft sich am Schottenring, eine vor der Urania. Die Abschlusskundgebung soll dann – wenig überraschend – aus vielen künstlerischen Beiträgen bestehen. Ein Ordnerdienst soll für den nötigen Abstand sorgen.



Mit 1. Juli möchten die Organisatoren auch das Gespräch und Verhandlungen mit den politisch Verantwortlichen suchen. Vor der Demo haben sie einen Termin bei Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer, das reicht ihnen aber bei weitem nicht: "Wir haben fertig ausgearbeitete Vorschläge und Maßnahmen, wir möchten über diese auf Augenhöhe verhandeln. Es braucht schnelle Ergebnisse", sagt Gerhard Ruiss. Zu den Forderungen zählen die Anhebung des Kulturbudgets auf ein Prozent des BIP, eine Reduktion der Umsatzsteuer auf Umsätze von Kunstschaffenden auf fünf Prozent oder ein garantiertes Mindesteinkommen in der Höhe der Armutsgrenze.

Über allem steht aber die Forderung nach einem eigenen Ministerium für Kunst und Kultur. Von Staatssekretärin Mayer hält die Gruppe zwar viel, das Problem sei aber, dass sie eben nur Staatssekretärin sei. "Man hat in den letzten Wochen gesehen, welchen Stellenwert Kunst- und Kulturschaffende im Bewusstsein der politischen Entscheidungsträger haben," sagt Erwin Leder. Für ein Land, das sich selbst als "Kulturnation" bezeichnet sei das beschämend.

Immerhin sieht das Team auch Positives in der Pandemie: "Wenn Corona etwas bewirkt hat, dann dass jetzt viele Gruppen besser vernetzt sind. Es gibt eine neue Gemeinsamkeit, denn es betrifft alle Sektoren gleichermaßen", sagt Willi Hejda. Das zeigt sich auch an der Unterstützerliste. Dort finden sich die Interessensgemeinschaften Autorinnen/Autoren, Bildende Kunst und Freie Theaterarbeit ebenso wie der Dachverband der Filmschaffenden oder der österreichische Musikrat. Oder wie es Filmemacherin Amy Artner zusammenfasst: "Wir sind viele und wir sind hartnäckig."