Auch wenn das Jahr noch nicht vorbei ist, gilt zu sagen: 2019 war gut. Zumindest aus musikalischer Sicht und zumindest wenn man sich in Gefilden bewegt, die man grosso modo und in gebotener Unschärfe "Indiepop" nennt.

Übrigens: Wer sich das "definitive Dutzend" lieber gebündelt via Spotify anhören will, ist an dieser Stelle richtig.

Viel Vergnügen beim Reinhören!

Yola – Faraway Look

Einer der ausdrucksstärksten Soundtracks des Jahres. Produziert von Dan Auerbach (Black Keys), dreht sich das Debüt-Album von Yola, die eigentlich Yolanda Quartey heißt, stets um die vereinnahmende Stimme der außergewöhnlichen Britin. Rockstarsequenz im Leben der Künstlerin, die Aretha Franklin oder Etta James als Einfluss nennt: Mit 21 lebte Quartey für kurze Zeit auf der Straße. 

Bear's Den – Fossils

Neues und Herzerwärmendes aus der britischen Bärenhöhle: Bear's Den koppelten 2019 ihr drittes Album aus, die fein austarierten Folk-Pop-Bestandteile sind von den beiden Vorgängern gut bekannt. Spätestens jetzt schaffen Andrew Davie & Co. die endgültige Emanzipation vom Vorband-Dasein, das in den letzten Jahren immerhin Konzerte von Neil Young oder Mumford & Sons bereicherte.   

Better Oblivion Community Center – Dylan Thomas

Der Bandname unaussprechlich, die Musik hoch bekömmlich. Conor Oberst and Phoebe Bridgers bescherten dem Musikjahr 2019 als "Better Oblivion Community Center" schon früh einen Höhepunkt. Das vielversprechend und nachweislich erfüllte Versprechen im Vorfeld der Album-Präsentation von Bridgers: "I think it actually sounds more fun than you would think of us".

Kishi Bashi – Angeline

Auf "Omoiyari", japanisch für so etwas wie "Mitgefühl", setzt Kishi Bashi, US-amerikanischer Sohn japanischer Immigranten, auf liebliche, verspielte Musik und gewohnt starke Botschaften. Diese allerdings nie plump rausgeschrien, sondern stets stilvoll verwebt in die Lebensgeschichten einzelner Protagonisten. Als Songwriter und Violinist ist der 44-Jährige zurecht längst etabliert. 

Khruangbin, Leon Bridges – Texas Sun

2018 kreuzten sich die Wege des Trios Khruangbin und von Leon Bridges. Das gemeinsame Aufwachsen in Texas verband schnell und ist auch in der famosen Single "Texas Sun" sprachlich wie melodisch fester Bestandteil. Ein langsam an Tempo aufnehmender, mit vielen Gitarren-Fills verzierter, Roadtrip. Eintauchen und auf die EP warten! Diese kommt 2020.

Cass McCombs – The Great Pixley Train Robbery

Mit "Musician’s musician" wird der US-Amerikaner Cass McCombs gerne betitelt. Was so viel heißt wie: Bei Kollegen der Zunft hochgeschätzt, aber selbst nie wirklich kommerziell abgehoben. Auch wenn sein mittlerweile neuntes Studio-Album daran wenig ändern wird, ist es abermals ein großer Hörgenuss. In musikalischen Stimmugen und Stilen häufig wechselnd, bleibt vor allem das rockige Eingangsriff von "The Great Pixley Train Robbery" lange, lange, lange im Ohr.    

Bon Iver – Hey, Ma

Der kanadische Zauberer ist wieder da. Bon Iver, ausgestattet mit einer unverkennbar zwischen Falsett und brummenden Lagen pendelnden Stimme, hat 2019 Album Nummer Vier ausgekoppelt. Die gute Nachricht: Dieses ist wesentlich bekömmlicher als der Vorgänger "22, A Million" und trotzdem aufregend anders. 

Big Thief – The Toy

Folk à la Big Thief gab es heuer gleich in voller Pracht, vom Quartett aus Brooklyn auf zwei neue Alben aufgeteilt. Einmal eher sphärisch, abgeschmeckt und erweitert in intensiver Studio-Tüftelei (U.F.O.F), einmal rauer, naturtrüb, urtümlich (Two Hands). Schön und stilsicher sind beide Anzüge, zweiterer sitzt aber genauer.  

Fuzzman – Hände weg von Allem

Als Fuzzmann leuchtet der gebürtige Wiener und Teilzeit-Kärntner Herwig Zamernik, genialer und stets experimentierfreudiger Naked-Lunch-Mann, 2019 mit "Hände weg von Allem" tief in etwas hinein, das man gemeinhin die "österreichische Seele" nennt. Auf dem Album zu finden: Nummern, die mal leichtfüßig (Ich tachinier), mal tieftraurig (I tua wohl) entgegenlaufen und ein Titelsong-Video, das eine 80er-Feier in Langenzersdorf schonungslos mit Star-Wars-Ästhetik verknüpft. 

Whitney – Used To Be Lonely

Das Debütalbum "Light Upon The Lake" gilt bereits als Indie-Klassiker, mit dem 2019 präsentierten Nachfolgealbum landen Julien Ehrlich und Max Kakacek den nächsten Volltreffer. Die beiden Ende-20-Jährigen schaffen dabei eine bemerkenswerte Verschmelzung: Musik von Whitney funktioniert nämlich mit voller Achtsamkeit auf die schönen Erzählungen und eingängigen Melodien ebenso gut wie als launchige und hochwertige Hintergrundmusik.

Kiwanuka – I've been dazed

Michael Kiwanuka ist "Kiwanuka". Schnörkellos, wie es der Albumname vermuten lässt, zeigt sich der britische Musiker mit ugandischen Eltern  musikalisch selten. Treibende Basstöne dienen zwar bei vielen Nummern des dritten Studio-Albums als unüberhörbares Fundament, die Ausgestaltung der einzelnen Songs aber ist erfrischend abwechslungsreich. Als "Soul-Sinfoniker" adelt der kompetente Kollege Mr. Kiwanuka, die musikalische Melange setzt sich aus Soul, Folk und Rock zusammen.

Angel Olsen – Lark

Musikalisch opulent haben wir die Top-12 des Jahres 2019 begonnen – und so sollen sie auch enden. Angel Olsen entführt stimmlich in eine längst vergangen geglaubte Zeit und hat mit "All Mirrors" eines der Alben des Jahres veröffentlicht. Vor acht Jahren debütierte die heute 32-jährige US-Amerikanerin mit zarten Folk-Nummern, mittlerweile scheut sie keine Orchester-Inszenierung.