Bekannt wurde Markus Schleinzer bereits mit seinem Debüt "Michael" (2011), das im Bewerb von Cannes nominiert war. Beim Nachfolgefilm, für den auch in Graz-Eggenberg gedreht wurde, nimmt der Regisseur die Biografie des einstigen "Hofmohren" Angelo Soliman als Ausgangspunkt für einen Exkurs über Identität und Zuschreibung. In drei Kapitel hat Schleinzer sein von der Wiener Novotny & Novotny und Amour fou koproduziertes Essay eingeteilt, das mit einem konventionellen Biopic nur wenig gemein hat. Zum Auftakt steht das Anlanden versklavter schwarzafrikanischer Buben an einer Küste des Okzidents - der Beginn einer zwangsweisen Europäisierung des namenlosen Burschen, der alsbald von einer Marquis (Alba Rohrwacher) zum Studienobjekt auserkoren wird. Die Adelige lässt ihre Errungenschaft im westlichen Stile erziehen und auf den Namen Angelo taufen. 

Diesem Kapitel schließt sich das Leben des erwachsenen Angelo (Makita Samba) an, der sich beim Prinzen (Michael Rotschopf) als Unterhalter verdingt und dem Kaiser (Lukas Miko) als Konversationspartner dient. Letztlich ist Kaiser Josef II. ebenso Gefangener seiner Welt und Rolle wie Angelo. Die Figur des Angelo bleibt dabei lange stumm. Eine halbe Stunde dauert es, bis er das erste Mal spricht. Angelo ist lange Zeit Objekt, nicht Subjekt seines eigenen Lebens. Als er das erste Mal sein Schicksal in die eigenen Hände nimmt und ohne das Wissen seines Herrn Magdalena (Larisa Faber) heiratet, zerfällt seine bisherige Existenz. Als Strafe wird Angelo in die Freiheit gestoßen, entlassen.

Schleinzer beschließt seinen Erzählstrang mit dem Blick auf das Ende des gealterten Angelo, der letztlich ausgestopft im Museum als naturkundliches Objekt endet. Der Bogen schließt sich wieder, das Menschsein ist wieder negiert.

Schleinzer nach "Michael" nun weniger auf Narration denn Impression. Tableaus der Einsamkeit rahmen wie Installationen den Exkurs über das Anderssein, die Isolation in einer Gesellschaft. Lange Einstellungen halten oftmals den Blick neben dem vermeintlichen Aufmerksamkeitsfokus einer Szene und erinnern hierbei in manchem an Werner Herzogs frühe Arbeiten. Optisch zitiert der Film indes eher Rembrandt-Gemälde oder einen frühen Waldmüller (Kamera: Gerald Kerkletz), ist dabei jedoch im heute beinahe als klaustrophob empfundenen 4:3-Format gehalten.

An gezielt gesetzten Stellen bricht Schleinzer, der auch für das Drehbuch mitverantwortlich zeichnete, die Historienerzählung zugleich und referiert auf die Gegenwart, wenn die vermeintlich historische Erzählung von Einstellungen in einer Lagerhalle gerahmt wird, die den historisierenden Habitus der Figuren bewusst konterkarieren, unaufdringlich einen Bogen zur Istzeit schlagen.