Sie träumte von einer leeren Wand und überzog diese dann doch mit Linien, um sie in mehrfachem Sinne in einer spannungsgeladenen Mehrdimensionalität erscheinen zu lassen. Mit geometrischen Fadenspannungen, früher Malerei, bemalten Kimonos, Arbeiten aus Naturmaterialien sowie Videos und Fotografien von Performances zeigt das Belvedere 21 die bisher international größte Retrospektive von Kazuko Miyamoto.

Die Künstlerin wurde 1942 in Tokio geboren, zog 1964 in die USA und avancierte dort zu einer der wichtigsten Protagonistinnen der Kunstszene in der New Yorker Lower East Side. Sie arbeitete auch als Produzentin für Sol LeWitt.

Bereits frühe Werke der Japanerin faszinieren ob ihres geradlinigen Minimalismus‘, wenn sie weiße und schwarze Stäbe aufeinanderlegt oder die Form des Rechtecks mit Tusche oder Acryl erforscht. Schließlich beginnt sie, die Wände in ihrem Loft mit Fäden zu bespannen, setzt Gerades mit Schrägem in Beziehung und integriert bereits Vorhandenes wie Türen, die Linien des Holzbodens oder die Ziegelstruktur der Mauer.

Kazuko Miyamoto bring Geometrie in Bewegung
Kazuko Miyamoto bring Geometrie in Bewegung © Kunst-dokumentation.com / Manuel Carreon Lopez

Ihre „String Constructions“ nehmen sich schließlich immer mehr Raum und machen die Linie zu einem dreidimensionalen Objekt mit sich verändernden An-, Ein- und Durchblicken. Präzise und straff gespannt bis in die kleinste Schnur erzeugen die an Nägeln fixierten Baumwollfäden gleichsam rhythmische Spannung wie luftige Kontemplation, ziehen den Blick immer aufs Neue an, verleiten zur Änderung der Perspektive und fesseln in jedem Blickwinkel. Die Strenge der Geometrie kommt wohlgeformt in Bewegung.

Kazuko Miyamoto setzt sich künstlerisch mit dem Kimono auseinander
Kazuko Miyamoto setzt sich künstlerisch mit dem Kimono auseinander © Belvedere 21 © Belvedere

Raumgreifend ist auch Miyamotos Auseinandersetzung mit der traditionellen japanischen „Anziehsache“, wie der Kimono auf Deutsch übersetzt heißt. Überdimensioniert hängt der eine herab, während ein anderer aus Zeitungsausschnitten gestaltet ist und somit Überlegungen zu Konventionen und zeitgenössischer Interpretation aufwirft.