Duale Ausbildung kann man auch anders verstehen. So wie Hans-Peter Fink etwa. Der junge Mann aus Walkersdorf erlernt gerade das Kochhandwerk beim Landhaus Bacher in der Wachau. Für ihn ist es bereits die zweite Lehre. Die erste – zum Obst- und Gemüsekonservierer – hat er mit Auszeichnung abgeschlossen.

Wieso tut man sich das an, eine zweite Lehre? „Weil ich schon immer Koch werden wollte“, sagt Fink. „Aber zu Hause lernen war meine Sache nicht. Und mit 16 ganz von zu Hause weg war auch nicht das Richtige.“ Zu Hause ist für Hans-Peter Fink Walkersdorf bei Ilz. Ebendort kocht sein Vater Hans-Peter, der Falstaff-Wirt des Jahres 2017, im familieneigenen Gasthaus Haberl. Seine Mutter Bettina leitet die Delikatessenmanufaktur Fink’s.

Ersatz für die Koch-Lehre

Sie war es auch, die Ersatz für die Kochlehre fand. Durch Zufall stieß sie auf den Lehrberuf des Obst- und Gemüsekonservierers. „Die Produktion in unserer Manufaktur hat mich immer schon interessiert, das hat perfekt gepasst“, sagt Fink. Nur das Ziel, nicht bei den Eltern zu lernen, ließ sich nicht verwirklichen. „Das war schon o. k. so“, sagt Fink mit einem Schmunzeln. „In der Manufaktur gibt es einen Produktionsleiter, ich war nicht ständig unter Beobachtung meiner Eltern.“ Alle Arbeitsschritte, von der Frucht am Baum bis zum Produkt im Glas gehören in den Aufgabenbereich des Obst- und Gemüsekonservierers. Auch die unterschiedlichen Zubereitungsarten wie Einkochen, Einlegen oder Fermentieren. Es ist genau jener Lehrberuf, der bei der Herstellung der Produkte von Fink’s sinnvoll ist.

„Dass meine Mutter diese Lehre entdeckt hat, war ein glücklicher Zufall“, erzählt Fink. Weniger glücklich war der Start in die Lehre, denn dieser Lehrberuf lag brach. Einige Jahre gab es in ganz Österreich keinen einzigen Lehrling, 2014 war Fink dementsprechend ein Einzelkämpfer.

Die Suche nach einer Lehrstelle erübrigte sich bei Fink aus erwähnten Gründen. Hingegen musste er sich auf die Suche nach einem Berufsschulplatz machen. Den fand er in der Berufsschule für Tourismus in Bad Gleichenberg. Ein Lehrer hat sich seiner angenommen. „Mehr als die Hälfte meiner Unterrichtszeit hatte ich Einzelunterricht. Da konnten wir ordentlich ins Detail gehen, da ist etwas weitergegangen.“

Lehrplan entrümpeln

Der Lehrplan musste entrümpelt werden, da er veraltet und nicht mehr zeitgemäß war. „Mein Lehrer, meine Mutter und auch ich, wir mussten praktisch alles überarbeiten“, erzählt Fink. „Das erste Jahr war eine absolute Testphase. Wir haben viel Recherche betrieben, alles niedergeschrieben und uns so eine Basis erarbeitet.“ Fink ist auch nicht mehr alleine, mittlerweile wählen einige Jugendliche Obst- und Gemüsekonservierer als ihren Karriereweg: 2015 haben drei Lehrlinge mit der Ausbildung begonnen, ein Jahr später waren es zwei. Bedarf bei einschlägigen Unternehmen besteht ebenso, aktuell sucht zum Beispiel Efko einen Obst- und Gemüsekonservierer in Eferding.

Nun, als Kochlehrling, profitiert Fink von seiner ersten Lehre – quasi seinem ersten Bildungsweg. „Das Fachwissen hilft mir weiter, vor allem wenn es um die Entwicklung neuer Rezepte geht“, sagt Fink. „Ich muss weniger herumtesten, weil ich bei speziellen Verarbeitungsmethoden einfach schon weiß, welche Mengen ich benötige.“

Zwei Tonnen reife Tomaten

Vermisst er etwas aus seinem ersten Lehrberuf? Ja, sagt Fink. Als er das letzte Mal Heimaturlaub gemacht hat, wurden gerade zwei Tonnen reife Tomaten verarbeitet: „Da hat es mich schon wieder in den Fingern gejuckt, frischer geht es einfach nicht.“ Und auch wenn sich seine beiden Lehrberufe in vielen Bereichen überschneiden, gibt es doch Unterschiede. Unterschiede, die Fink schätzt: „Als Obst- und Gemüsekonservierer hantiert man mit großen Mengen. Da muss man noch genauer arbeiten, man muss noch mehr auf Hygiene achten.“

Missen möchte er seinen ersten Lehrberuf nicht – weil man kaum je so nahe und unmittelbar am und mit dem ursprünglichen Produkt arbeiten kann. Hans-Peter Fink hofft, dass auch in Zukunft junge Menschen den Lehrberuf ergreifen werden. „Es wäre schade, wenn dieses Wissen verloren gehen würde.“