"Ich habe tonnenweise Billigfleisch gekauft. Und Garnelen, die in mehr Chemikalien als Wasser geschwommen sind. Ganz zu schweigen von all dem Obst und Gemüse, das nur mit Kunstdünger gezüchtet wurde. Ich habe zu diesem Zeitpunkt 'instataugliches', aber vergiftetes Essen serviert. Und schlussendlich habe ich mich selbst und meinen Körper vergiftet".
Drastischer könnte der erste vegetarische Haubenkoch Österreichs, Paul Ivic, seinen kulinarischen Wandel nicht beschreiben. Nachdem er selbst, wie er sagt, pro Jahr im Schnitt 100 Kilogramm Fleisch und Wurst konsumiert hatte und sein Arzt ihm pessimistische Aussichten für die Zukunft prognostizierte, setzte ein Umdenken ein und der Weg zu veganer/vegetarischer Kost begann. Welche Vorteile diese hat, wie sie sich im Haubensegment behaupten kann und wieso man auch mit Gemüsegerichten hochpreisige Küche rechtfertigen kann, schilderte der 45-Jährige am Dienstag bei einem Gastvortrag an der Kärntner Tourismusschule in Villach.

"Von Robotern halte ich gar nichts"
"Irgendwann ist mir bewusst geworden, dass ich in einem Kreislauf stecke, den ich immer verachtet habe. Ich habe Profitgier dem Wohl von Mensch und Umwelt vorgereiht", skizziert Ivic "das Problem in unserem System". "Wer auf Qualität setzt, verdient damit weniger als der, der auf Masse geht. Bauern müssen für ihre Produkte mehr bekommen, Mitarbeiter einzustellen, muss belohnt, Lohnnebenkosten müssen gesenkt werden", zeigt er einige Hebel auf, "um die Branche zukunftsfit zu machen". Von Selfservice oder Robotern hält Ivic nichts, "Zwischenmenschliches ist der Weg in die Zukunft".
Schaut man auf Speisekarten und in Regale der Supermärkte zeigt sich, dass vegetarische Ernährung stark zugelegt hat. Ivic sieht den Erfolg aber bereits in einem reduzierten Kosum. "Was halten Sie von Fleischersatzprodukten?", will eine Schülerin wissen. "Ich serviere sie nicht, sie enthalten ähnlich viele E-Nummern wie Fleisch. Der Protagonist meiner Küche ist Gemüse". Wer bei Ivic isst, soll wissen, dass er zu 80 Prozent regionale Produkte auf dem Teller hat. "Aber wie stellen Sie das im Winter sicher?", fragt eine andere Schülerin. "Kreativität ergibt sich dann, wenn nicht alles in Fülle da ist und es muss nicht jedes Produkt zu jeder Jahreszeit verfügbar sein", antwortet Ivic, dessen Küche im hochpreisigen Segment angesiedelt ist. Wobei: "Es heißt immer, die Gastronomie ist so teuer. Meine Gäste zahlen nicht nur das Gericht, sondern stundenlange beste Betreuung. Auch diese Leistung muss mehr wert sein".
Warum sollten Tourismus-Schüler eine Zukunft in der Gastronomie anstreben? "Ich will ihnen nicht sagen, was sie werden sollen. Wenn man Menschen aber befähigt, entwickeln sie Begeisterung und dann gibt es Work oder Life nicht mehr.