Diese Momente wird Reinhold Casal nie vergessen. „Ich habe die Hand meiner Tochter gespürt, da bin ich aufgewacht. Aber ich habe sie nur reden gehört, ich konnte sie nicht sehen.“
Nach unerklärlichen Ohnmachtsanfällen hatte er im Jahr 2022 eine große Herz-Operation. Seitdem ist nichts mehr wie früher. „Als ich zu mir gekommen bin, war ich plötzlich blind. Das ist auf eine äußerst seltene Komplikation zurückzuführen“, betont er. „Für mich ist eine Welt zusammengebrochen.“
„Ich war voller Angst“
Er war damals 55 Jahre alt und gerade mit seiner Lebensgefährtin von Tirol nach Klagenfurt gezogen. Statt - wie geplant - seinen neuen Job anzutreten, musste er einen Behindertenausweis beantragen. „Ich war voller Angst und habe mich oft gefragt, was mit mir passiert, wenn meine Lebensgefährtin einmal selbst ins Krankenhaus muss oder irgendwas mit ihr ist. Dann wäre ich hier in Kärnten alleine. Ich fühlte mich hilflos,“ sagt der Vater zweier erwachsener Kinder.
Genau für Menschen mit solchen Sorgen ist der Verein „MENA“ da. Die Abkürzung steht für „MEnschenNAh“. Sandra Wilding war ehrenamtliche Mitarbeiterin bei Mena, als sie Reinhold Casal und seine Partnerin kennengelernt hat. „Ich habe da zwei völlig verzweifelte Menschen getroffen. Es war sofort eine große Sympathie da“, erinnert sie sich. Wilding, die beruflich Prokuristin im Gebäudedienstleistungsunternehmen Dussmann ist, half Casal bei Behördenwegen oder bei der Beschaffung neuer, behindertengerechter Möbel. Sie unternahm mit ihm Ausflüge und vernetzte ihn mit Gleichgesinnten. „Aber vor allem hat sie mir geholfen, neue Freunde zu finden und Lebensmut zu fassen. Sandra Wilding und der Verein MENA haben mir Sicherheit gegeben. Das war das Wichtigste“, sagt Casal.
Mittlerweile lebt der 58-Jährige in einer Wohnung beim Sehbehindertenverband und hat einen Assistenten, der ihn im Alltag - etwa beim Kochen oder Einkaufen - unterstützt. Mit Sandra Wilding (52), ihrem Mann und ihren beiden Kindern verbindet ihn eine enge Freundschaft. „Das ist eine Win-Win-Situation für uns alle. Reinhold ist eine Frohnatur und er gibt uns so viel zurück. Glücklich ist, wer glücklich macht“, sagt Wilding. Seit zwei Jahren ist sie Obfrau des Vereins. MENA kämpft vor allem gegen das Phänomen Einsamkeit und hilft Menschen ohne Lobby. „Wir geben ihnen sozialen Rückhalt“, sagt Wilding.
Blind, aber nicht einsam
„Keine Ahnung, wo ich heute ohne diesen Verein wäre. Ich war auf einmal blind und wusste nicht mehr weiter“, sagt Casal. „Aber ich habe das schlimmste Tief überwunden, mein Leben geht weiter und ich bin sogar dankbar. Dankbar dafür, dass ich kurz vor meiner Erblindung noch den Pyramidenkogel, den Wörthersee und so viele andere schöne Dinge sehen konnte.“