Israel setzt auf die Booster. Das kleine Land in Nahost war das erste der Welt, das mit Auffrischungen gegen die Coronakrise begann. Bereits bei den ersten Impfungen waren die Israelis Vorreiter, doch mit Ankunft der Deltavariante schnellten die Neuinfektionen ab Juli in die Höhe. Am Dienstag wurden mehr als 10.000 neue Fälle gemeldet – ein Rekord seit Jänner.

Die Aktion, die am 30. Juli begonnen hatte, zeige bereits erste Wirkungen, gibt das Gesundheitsministerium an. Mittlerweile haben mehr als 1,7 der 9.3 Millionen Einwohner die dritte Spritze mit dem Impfstoff von Biontech/Pfizer erhalten. Bei über 60-Jährigen sind es 65, bei Älteren mehr als 70 Prozent. Seit Dienstag können auch Menschen ab 30 ihren Ärmel hochkrempeln, um sich den sogenannten "Booster shot" setzen zu lassen. Und die Zahl der Schwerkranken in den Hospitälern stagniert.

Eine neue Studie des Ministeriums zeigt, dass diese dritte Impfung mit 97-prozentiger Sicherheit eine schwere Erkrankung verhindert. Vor einer Infektion schütze sie zu 95 Prozent. Allerdings erreiche sie ihre volle Wirkung erst 16 Tage nach der Gabe. Der Anteil der nicht-geimpften Bevölkerung liegt derzeit in Israel noch bei etwa 20 Prozent. Gleichsam stellt diese Gruppe rund die Hälfte der Schwerkranken in den Krankenhäusern dar. Am Donnerstag waren es pro 100.000 Einwohner: 266 nicht-geimpfte Patienten, 58, die die erste Dosis erhalten haben und 19 vollständig geimpfte.

Die jüngste Untersuchung der größten Krankenversicherung im Land, Makkabi, zeigt, dass der Schutz entsprechend der Länge der Zeit sinkt, die eine Person geimpft ist. So hat jemand, der im Januar vollständig geimpft wurde, derzeit ein 2,26 Mal höheres Risiko, mit dem Coronavirus infiziert zu werden als jemand, der das Vakzin im April erhielt. Trotz der Deltavariante liefere der Impfstoff auch vor der dritten Spritze einen hohen Schutz, betonen israelische Experten gleichsam immer wieder. Denn: Die Rate der ungeimpften schwerkranken Patienten über 60 liegt um ein Vielfaches höher als die der geimpften. „Auch mit der hochgradig ansteckenden Variante ist das Vakzin noch aktiv und schützt eindeutig vor einem schweren Verlauf“, macht Nadav Katz, Corona-Analytiker der Hebräischen Universität in Jerusalem, deutlich.

Die Zahl der schwerkranken Geimpften unter 60 sei sogar zu klein, um eine akkurate Analyse anzufertigen, erklärt er. Allgemein gilt, dass ungeimpfte und nur teilweise geimpfte Personen viel eher Gefahr laufen, einen schweren Verlauf von Covid-19 zu erleben. Professor Ran Balicer, Leiter des Pandemie-Expertenkomitees der Regierung, tweetete, der Trend gehe dahin, dass nicht Geimpfte die größte Zahl der Schwerkranken bilden. Trotz intensiver Bemühungen der Regierung, die 1,08 Millionen ungeimpften Israelis zum Umdenken zu bewegen, zeigt sich lediglich verhaltenes Interesse. Die meisten Verweigerer sind jünger als 30 Jahre. Auch ist die Zahl in ultraorthodoxen und arabischen Gemeinden besonders hoch.

Für Premierminister Naftali Bennett vergeht kaum ein Tag, an dem er nicht dazu aufruft, sich "endlich die Spritze geben zu lassen". Jetzt könnte es sogar Bares im Austausch dafür geben. Die Regierung erwägt finanzielle Anreize, um die ungeimpften Israelis doch noch in die Impfstationen zu bringen.