Nach 72 Stunden Ordnungshaft sind in Montenegro seit Samstag ein serbisch-orthodoxer Bischof und acht Priester wieder in Freiheit. Nach der Freilassung gegen Mitternacht in Niksic, der zweitgrößten Stadt des Balkanlandes, wurden die Geistlichen von einer großen Menschenmenge gefeiert, meldet Kathpress.

Ortsbischof Ioanikije (Micovic) rief die auf ihn wartenden Menschen auf, sich für einen "langen Kampf" bereit zu machen: "Wir wollen Religionsfreiheit!" Die serbisch-othodoxe Kirchenführung in Belgrad veröffentlichte auf ihrer Internetseite ein Video seiner Ansprache. Die Justiz in Montenegro hatte die 72-stündige Inhaftierung des Bischofs und der acht Priester angeordnet, weil sie mit einer Prozession durch die Stadt und einen Gottesdienst in der Kathedrale gegen das von der Regierung zur Eindämmung der Corona-Pandemie erlassene Versammlungsverbot verstoßen hätten. An der Prozession zu Ehren des Nationalheiligen Basilius von Ostrog hatten sich am Dienstag mehrere tausend Menschen beteiligt.

Für die Freilassung der Geistlichen waren in Niksic in den vergangenen Tagen viele Demonstranten auf die Straße gegangen. Es kam zu Ausschreitungen, bei denen mehrere Polizisten verletzt wurden. Auch Serbiens Präsident Aleksandar Vucic und der serbisch-orthodoxe Patriarch Irinej I. hatten gegen die Verhaftung des Bischofs und der Priester protestiert und in einer gemeinsamen Erklärung gefordert, sie schnellstmöglich freizulassen. Montenegros Parlamentspräsident Ivan Brajovic betonte dagegen, man werde nicht zulassen, dass die Gesundheit der Bürger gefährdet werde. Alle müssten die Gesetze und Vorschriften respektieren.

Bischof Ioanikije kritisierte in seiner Ansprache die Regierung scharf. Deren Maßnahmen verstießen gegen die Verfassung. Zugleich lobte er die Polizisten, die sich während seiner Haft ihm gegenüber "mehr als korrekt" verhalten hätten.

Die meisten Montenegriner gehören der serbisch-orthodoxen Kirche an. Seit Monaten protestiert sie gegen ein Gesetz, das sie zur Abgabe vieler ihrer Gebäude zwingen soll. Das Gesetz sieht eine Prüfung des Eigentumsstatus von Immobilien vor, die vor 1920 in den Besitz von Religionsgemeinschaften gelangt sind. Das trifft in erster Linie die serbisch-orthodoxe Kirche. Sie hatte sich nach der Gründung Jugoslawiens die eigenständige montenegrinische Kirche samt ihrer Besitztümer einverleibt. Die Regierung in Podgorica unterstützt die neugegründete montenegrinisch-orthodoxe Kirche, die von der Weltorthodoxie jedoch nicht anerkannt wird