Ein Wanderurlaub hätte es werden sollen. Die Oberösterreicher Reinhard Atteneder (46) und Jörg Wöss (26) sind am 28. Februar nach Jordanien geflogen, um den Jordan Trail zu marschieren. Einmal von Norden nach Süden, 650 Kilometer. "Da war das Coronavirus in Italien noch kein Thema", erinnert sich Atteneder, "in Europa hat man das da noch nicht so ernst genommen." 20 Tage lang sind die beiden Weitwanderer "gut zu Fuß unterwegs gewesen", als sich die Lage von Tag zu Tag immer mehr verschärft hat.

Zuerst hieß es nur, die beiden sollen Hotels und Städte meiden. "Kein Problem, wir waren mit dem Zelt unterwegs. Wir sind dorthin geflogen, damit wir niemanden treffen", sagt Atteneder. Vor einer Woche dann aber die erste Meldung, die den beiden nicht geheuer war: Die letzte AUA-Maschine aus Jordanien nach Österreich soll bereits am Tag darauf abheben. "Das ist nicht so wie bei uns. Wenn man da im Nirgendwo ist, dann ist dort wirklich nichts. Vielleicht ein paar Hirten, wenn man Glück hat, hat einer ein Handy", erzählt Atteneder. Die Art und Weise wie das eigentlich freundliche und hilfsbereite Volk, die beiden von diesem Zeitpunkt an gesehen hat, war auch nicht mehr dieselbe: "Wir waren das personifizierte Corona-Virus. Die Leute haben kaum mehr mit uns gesprochen, Geschäfte durften wir teilweise nicht mehr betreten."

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Und dann die nächste Meldung: Sofortige Rückkehr nach Amman, Ausgangssperre für Ausländer. "Wir haben sofort unser Zelt zusammengepackt und einen Fahrer gesucht, der uns in die Hauptstadt führt", erzählt Atteneder. 100 jordanische Dinar haben sich die beiden Oberösterreicher die Fahrt kosten lassen. "Das ist dort richtig viel Geld", sagt Atteneder. Die Fahrt selbst wäre spektakulär gewesen: Zweieinhalb Stunden lang hätte der Fahrer Allah angebetet, damit er sich nicht mit Corona ansteckt. In die Botschaft durften die beiden dann in Amman nicht mehr, der Botschafter lehnte persönlichen Kontakt ab. "Und jetzt wird die Situation von Stunde zu Stunde blöder."

Es herrscht absolutes Ausgangsverbot, das von der Polizei genau kontrolliert wird. "Wenn sie dich erwischen droht ein Jahr Gefängnis", sagt Atteneder. Aktuell haben keine Geschäfte offen - am Dienstag soll dann aber wieder die Möglichkeit bestehen einzukaufen. Was die beiden Österreicher nicht wissen (und aufgrund der sprachlichen Barriere auch kaum in Erfahrung bringen werden): Wann und wo das möglich ist. Noch haben die beiden Vorräte von der Wanderung, Pulver, Fischdosen. Vom Hotel, in dem sie nächtigen dürfen, bekommen sie jeden Tag vier Stück Toast vor die Tür gestellt. "Das Hotel ist eigentlich auch schon geschlossen, das ist ein großes Entgegenkommen des Betreibers. Wenn uns der Hotelbesitzer rausschmeißt, stehen wir auf der Straße."

Zehn Österreicher, 70 Deutsche und "ein paar Polen" wären noch in Amman. Die große Hoffnung der beiden Oberösterreicher: Dass ein Flugzeug die Deutschen oder Polen holen kommt und sich die beiden anschließen dürften. "Dann wären wir zumindest wieder in Europa." Eine weitere Hoffnung: Eine Hercules-Maschine des österreichischen Bundesheeres, die Anfang nächster Woche in den Iran fliegen soll. "Die könnte einen Zwischenstopp in Amman einlegen", hofft Atteneder. Der Konsul von Jordanien weiß davon aber noch nichts.

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