Vertreter aus über 160 Staaten der Erde debattieren seit gestern in Kenias Hauptstadt Nairobi im Rahmen der UN-Weltbevölkerungskonferenz. Ja, Handlungsbedarf scheint gegeben: 1994 war es, als in Ägyptens Hauptstadt Kairo ein entsprechendes Aktionsprogramm von Abgesandten aus damals 179 Ländern verabschiedet wurde. Hauptaugenmerk: Begrenzung des rasantest voranschreitenden Wachstums der Weltbevölkerung.

1950 noch 2,5 Milliarden Menschen

Damals, vor einem Vierteljahrhundert gab es auf der Welt knapp 5,7 Milliarden Menschen – was immerhin schon mehr als das Doppelte der 2,5 Milliarden von 1950 entsprach. Heute sind es bereits 7,7 Milliarden2050 könnte die Weltbevölkerung laut neuer Kalkulation der Vereinten Nationen die Zehn-Milliarden-Grenze durchbrechen. Das Aktionsprogramm von 1994 rückte Punkte in den Fokus, die seitdem nicht weniger dringlich wurden: Vorgesehen wurde, die Müttersterblichkeit zu reduzieren und allen Menschen Zugang zu Familienplanung und Sexualaufklärung zu ermöglichen.



Vieles davon wurde bis heute nicht erreicht – nun der neue Anlauf, an dem sich in Nairobi insgesamt 6000 Menschen aus verschiedensten Bereichen beteiligen: Die Gastgeber – das sind der UN-Bevölkerungsfonds (UNFPA), die Regierung Kenias und die Regierung Dänemarks – wollen, dass sich die Staaten den Zielen erneut und verstärkt verpflichten. Handlungsbedarf gibt es vor allem in Afrika: Auf diesem Kontinent, vom Westen in vielerlei klein gehalten und ausgebeutet, dürfte sich die Bevölkerung bis 2050 auf 2,5 Milliarden Menschen mehr als verdoppeln.

Der Weltbevölkerungsfonds will Basisarbeit ansetzen. Gefordert wird, über den Weg der sexuellen Aufklärung überhaupt erst einmal eine Grundlage zu schaffen: Mädchen sollen frühzeitig entscheiden können, ob sie verhüten. Gerade im Gastgeberland Kenia geht es auch darum, illegale Abtreibungen durch nicht qualifizierte Scharlatane, die nach wie vor Alltag sind und für Frauen oft lebensbedrohlich enden, zurückzudrängen. Noch bis morgen geht es in Nairobi nicht zuletzt auch darum, frisches Gelder aufzustellen, um Frauenrechte zu stärken.

89 Millionen ungewollte Schwangerschaften

Das Kairoer Aktionsprogramm von 1994 hat dazu geführt, dass sich seitdem die Zahl der Frauen, die verhüten können, im östlichen und südlichen Afrika verdoppelt hat, bilanziert die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW). Noch immer kommt es aber alleine in den "Entwicklungsländern" zu 89 Millionen ungewollten Schwangerschaften, jedes Jahr. Jede vierte Frau, die dort verhüten möchte, hat keinen Zugang zu modernen Verhütungsmitteln. Dadurch werde ihr Recht auf körperliche Selbstbestimmung verletzt, mahnt die DSW.

Für Geschäftsführerin Renate Bähr ist das Interesse am Thema Weltbevölkerung "groß". Auf der anderen Seite erlebe man "sowohl in den Projekten als auch in der politischen Arbeit starken Gegenwind, wenn es um die Umsetzung der sexuellen und reproduktiven Rechte von Frauen geht." Seitens des DSW wird das "Menschenrecht auf freiwillige Familienplanung und Selbstbestimmung" betont.

Mit etwas anderen Worten fordert dies auch die stellvertretende UN-Generalsekretärin Amina Mohammed: "Zeitpunkt und Zahl der Kinder zu bestimmen, ist Menschenrecht."