Nach einem Schuss auf einen jungen Demonstranten in Hongkong hat sich die Wut der regierungskritischen Demonstranten in neuer Gewalt entladen. In der chinesischen Sonderverwaltungszone kam es Donnerstagfrüh zu Straßenschlachten. Die Protestler warfen Benzinbomben, errichteten Straßenblockaden und verwüsteten Geschäfte und U-Bahn-Stationen.

Die Polizei setzte Tränengas ein. Sie erklärte, die Taten der Demonstranten hätten "die öffentliche Ordnung ernsthaft untergraben" und bedrohten "die persönliche Sicherheit von Polizeibeamten und Mitgliedern der Öffentlichkeit". Die Polizeigewerkschaft fordert die Verhängung einer Ausgangssperre. "Wir erleben eine Serie derart massiver Tumulte, dass wir nicht arbeiten können (...) ohne angemessene Maßnahmen und Unterstützung von höchsten Stellen", sagte der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft Junior Police Officers Association, Lam Chi-wai.

Tausende auf der Straße

An den neuen Demonstrationen nahmen Tausende Menschen teil. "Wo immer es Proteste in der Nähe gibt, werde ich kommen", sagte der Innenarchitekt Alex Chan im geschäftigen Einkaufsviertel Causeway Bay. "Ich bin heute aus einem einfachen Grund hier: Du schießt nicht auf einen Teenager aus nächster Nähe", sagte er. "Diese Proteste werden weitergehen, und wir werden nicht aufgeben."

Der 18 Jahre alte Schüler war am Dienstag bei schweren Zusammenstößen von einem Polizisten angeschossen worden. Sein Zustand ist mittlerweile stabil. Es war das erste Mal, dass ein Demonstrant bei den seit Monaten anhaltenden Protesten durch scharfe Munition verletzt wurde. Viele Hongkonger befürchten, dass sie politische Sonderfreiheiten verlieren könnten. Inzwischen richten sich die Proteste auch gezielt gegen die Regierung in Peking. Die ehemalige britische Kronkolonie ist seit 1997 eine Sonderverwaltungszone der Volksrepublik.