Die erste Hitzewelle hat Österreich und große Teile Europas im Griff: Ein Symptom für das, was uns in der Klimazukunft drohen könnte? Traiskirchen hat als erste Stadt Österreichs mit einem einstimmigen Gemeinderatsbeschluss den Klimanotstand ausgerufen. Bürgermeister Andreas Babler (SPÖ) hat bereits viel Anerkennung für den Mut zu handeln bekommen: „Es ist ja nett, dass die Leute sich freuen, aber wir stehen erst am Anfang.“

Heute und morgen weilt Babler in Graz, wo er Überzeugungsarbeit – auch über Parteigrenzen hinweg – leisten will. Ob Traiskirchen nun einen spürbaren Schritt zur Klimarettung im Kleinen eingeleitet hat, will und kann Babler nicht beurteilen. Man stehe aber bereits im Kontakt mit „Scientists for Future“, die die künftig klimafreundlichere Politik und daraus resultierende Projekte als externe Instanz beurteilen soll. Diese Bewertungen sollen dann auch öffentlich zugänglich sein. Mitte Juni setzte auch die steirische Gemeinde Michaelerberg-Pruggern diesen Schritt.

Ist es nun also der Klimawandel, den wir zu spüren bekommen? „Mit den gestiegenen Temperaturen in den letzten Jahrzehnten wurde auch extreme Hitze häufiger und die Dauer der Hitzeperioden länger. Es gibt zudem Anzeichen, dass Wetterlagen länger anhalten als früher, das betrifft sowohl sommerliche als auch winterliche Wetterlagen“, sagt Alexander Podesser, Experte von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (Zamg).

Extrem heißer Sommer prognostiziert

Längere heiße Perioden bereits im Juni sind nicht außergewöhnlich, obgleich Spitzenwerte von 35 Grad und mehr im Juni eher selten sind, hält der Experte fest: „Die höchsten Temperaturen treten bei uns zeitverzögert, also nach dem Sonnenhöchststand bzw. Sommerbeginn im Juli oder sogar erst Anfang August auf. Der Grund für die derzeitige Hitzewelle ist eine ausgeprägte Südströmung, mit der heiße Luft aus Nordwestafrika zu uns strömt.“ Für heute werden hierzulande die höchsten Werte in Westösterreich erwartet, mit bis zu 37 Grad im Tiroler Inntal oder im Bereich Salzburg-Stadt. Danach dürfte der Brennpunkt im Südosten mit bis zu 36 Grad liegen.

Schon früh wurde ein extrem heißer Sommer 2019 prognostiziert. Podesser bestätigt dies, hält aber fest: „Solche Aussagen sind gerade für den Alpenraum statistisch eher schlecht abgesichert, hier ist die Wetterküche einfach komplexer.“ Die größte Hitze wird innerhalb eines breiten Streifens von Nordafrika über Spanien und Frankreich bis hin zu den Britischen Inseln erwartet. Auch in Oberitalien sowie an der Kroatischen Adriaküste dürfte es sehr heiß werden.

Klima-Apartheid

Was uns bevorstehen könnte, hat Experte Gottfried Kirchengast vor Kurzem im Gespräch mit der Kleinen Zeitung geschildert. Der Leiter des Wegener Center an der Universität Graz sieht Mensch und Tier in Gefahr: Dürre, Unwetter, Massenflucht. Wenn nichts gegen die Erwärmung getan wird, könnten sich bis zum Ende des Jahrhunderts weite Teile des Alpenvorlands in Nordafrika verwandeln. Laut Kirchengast müssten wir uns auf wochenlange Phasen mit 40 bis 50 Grad einstellen. Im Sommer drohen dann Durchschnittstemperaturen von mehr als 30 Grad: Pflanzen gehen ein, manche Flüsse werden zu Wadis, die nur noch bei starkem Regen Wasser führen. Doch selbst wenn dieses Horrorszenario verhindert werden kann: Hierzulande rechnet Kirchengast mit einer Erwärmung um etwa vier Grad, im Sommer bis zu sechs Grad.

Die Krise trifft die Ärmsten am schlimmsten: Von einer Klima-Apartheid warnte der UN-Sonderberichterstatter für extreme Armut, Philip Alston: „Wir riskieren ein Szenario, in dem die Reichen sich von Überhitzung, Hunger und Konflikten freikaufen, während der Rest der Welt leidend zurückgelassen wird.“ Alston sieht Menschenrechte und Demokratie in Gefahr. Durch den Klimawandel könnten in den kommenden zehn Jahren 120 Millionen Menschen in die Armut gedrängt werden – mit Massenmigration als Folge. UN-Sonderberichterstatter Alston warnt eindringlich: „Es braucht eine tief greifende soziale und ökonomische Veränderung, um die Klimakatastrophe zu verhindern.“