Nach einem neuerlichen Schusswaffenmissbrauch mit zwölf Todesopfern im US-Ostküstenstaat Virginia haben Politiker der Demokraten eine Verschärfung der Waffenbestimmungen gefordert. Cory Booker, ein Präsidentschaftsbewerber der Demokraten, sprach sich bei CNN für bundesweite Waffenscheine als Voraussetzung für Waffenbesitz aus.

Sein Mitbewerber, der frühere Vizepräsident Joe Biden, sagte, es gebe Möglichkeiten, etwa schärfere Richtlinien für die Aufbewahrung von Waffen zu schaffen. Biden war als Vizepräsident an der Seite Barack Obamas mit dem Versuch gescheitert, das Waffenproblem in den USA zu lösen.

Kollegen erschossen

Ein städtischer Angestellter im Küstenort Virginia Beach hatte am Freitag bei einem Massaker elf Kollegen und einen Auftragnehmer erschossen. Nach einem langen Schusswechsel hätten Polizisten schließlich den bewaffneten Einzeltäter erschossen, sagte der örtliche Polizeichef Jim Cervera. Vier weitere Menschen wurden verletzt, als der Mann in einem Gebäude der Stadtverwaltung das Feuer eröffnete. Drei befanden sich am Samstag noch mit schweren Verletzungen auf der Intensivstation, sagte der Chefarzt der Klinik, Martin O'Grady.

Bürgermeister Bobby Dyer sagte am Freitagabend (Ortszeit): "Das ist der verheerendste Tag in der Geschichte von Virginia Beach." Der Täter war seit langem bei der Stadt angestellt gewesen. Vermutungen, der Täter könnte aus Frust über seine Entlassung oder eine Disziplinarmaßnahme die Nerven verloren haben, bestätigten sich nicht. Die Stadtverwaltung gab am Sonntag bekannt, dass der Mann Stunden vor der Tat per E-Mail selbst gekündigt hatte. Es habe keine Disziplinarmaßnahmen gegen ihn gegeben, seine Arbeitsleistung sei zufriedenstellend gewesen.

Nach dem Massaker gewann die in solchen Fällen in den USA übliche Debatte um strengere Waffengesetze wieder an Fahrt. Der Parteivorsitzende der Demokraten, Tom Perez, sagte bei CNN: "Wir können etwas dagegen tun." Der Waffenlobby-Organisation NRA müsse der Kampf angesagt werden. Sein Parteikollege, der New Yorker Abgeordnete Gregory Meeks, sagte bei CNN: "Es ist immer dasselbe. Wir halten eine Gedenkminute, und danach passiert nichts." Es gebe diverse abstimmungsreife Gesetzesvorlagen. Die NRA müsse die Frage beantworten, warum gesunder Menschenverstand nicht siegen könne.

Der Gouverneur von Virginia, Ralph Northam, hatte seit geraumer Zeit versucht, strengere Waffengesetze einzuführen, etwa grundsätzliche Hintergrund-Untersuchungen für Käufer von Schusswaffen. Dies scheiterte jedoch am von den konservativen Republikanern dominierten Kongress in Virginia. US-Präsident Donald Trump besuchte am Sonntag in Virginia in Gedenken der Opfer eine Kirche, äußerte sich aber nicht zur Waffendebatte.

Fast 6000 Tote seit Jahresbeginn

In den USA sind nach einer Statistik der Organisation Gun Violence Archive seit Jahresbeginn fast 6000 Menschen durch Missbrauch von Schusswaffen ums Leben gekommen - mehr als 35 alleine an diesem Wochenende.

Polizeichef Cervera sagte, der Täter sei am Freitagnachmittag in den Verwaltungskomplex der 450.000-Einwohner-Stadt am Atlantik eingedrungen und habe mit seiner großkalibrigen Handfeuerwaffe wahllos auf Menschen in allen drei Stockwerken des Gebäudes geschossen. Er sei mit mehreren übergroßen Magazinen ausgerüstet gewesen. Als Polizisten eintrafen, habe der Schütze auch auf sie geschossen. Ein Polizist sei getroffen worden, seine Schutzweste habe ihm das Leben gerettet.

CNN berichtete unter Berufung auf Ermittlerkreise, dass es sich bei dem Schützen um einen 40-jährigen Mann handle. Nachbarn beschrieben ihn demnach als Einzelgänger. Cervera sagte, die Ermittler untersuchten einen Tatort, der "am besten als Kriegsgebiet" beschrieben werden könne.

Eine städtische Angestellte, die sich bei dem Angriff im Gebäude aufhielt, sagte dem Lokalsender WAVY, sie habe Schreie und Schüsse gehört und den Notruf angerufen. "Wir haben uns im Büro verbarrikadiert." Sie und ihre Kollegen hätten die Tür mit einem Schreibtisch blockiert. "Wir haben nur gehofft, dass es bald vorbei sein wird." Anrainer fanden sich am Samstag zu einer spontanen Andacht in der Nähe des Tatorts zusammen.

Die Tat sorgte für Entsetzen in den USA. In Amerika kommt es auch wegen der laxen Waffengesetze immer wieder zu tödlichen Angriffen, bei denen Täter wahllos auf Menschen schießen. So hatte etwa im Oktober 2017 ein Mann in Las Vegas das Feuer auf ein Musikfestival eröffnet und 59 Menschen getötet. Im Juni 2016 hatte ein Mann in Orlando 49 Besucher eines Schwulenklubs erschossen.

Bemühungen von Organisationen, strengere Waffengesetze zu erkämpfen, scheitern am Widerstand vor allem konservativer Politiker und der NRA. Präsident Donald Trump hatte bei einer NRA-Veranstaltung im April betont, seine Republikaner seien die Partei, die das Recht auf Waffenbesitz schütze. Mit Blick auf die Demokraten sagte er damals: "Sie werden auch eure Waffen wegnehmen!" Er versprach den Waffenlobbyisten, das von Konservativen auf die US-Verfassung zurückgeführte Recht auf Waffenbesitz nicht anzutasten.

Der Fraktionschef der Demokraten im US-Senat, Chuck Schumer, nannte das Massaker in Virginia am Freitag "eine weitere furchtbare Tragödie", die daran erinnere, dass Waffengewalt in den USA angesprochen werden müsse. "Das kann nicht weitergehen."