Anfang Juli sorgte ein Grundbesitzer auf der Seceda in Südtirol für Aufsehen. Um dem Massenansturm von Touristen Herr zu werden, stellte er ein Drehkreuz auf. Wer den berühmten Ausblick auf die grünen Zacken der Seceda genießen und ein Selfie machen will, soll fünf Euro Eintritt zahlen. Die Politik war davon wenig begeistert und sprach von einer illegalen Aktion. Andere Kritiker warfen dem Landwirt Geldmacherei vor.

Dem Grundstücksbesitzer ist es anfangs gezielt um eine Provokation für einen Tag gegangen, um auf das Übertourismus-Problem aufmerksam zu machen. Doch jetzt hat der Grundbesitzer sein Drehkreuz Ende Juli wieder aktiviert. Mit demselben Argument: zu viele Touristen, zu viel Müll, kaputte Natur durch unsachgemäßes Verhalten. Und Enttäuschung über die Politik schwingt mit. Zwar seien viele Erklärungen von offizieller Seite abgegeben worden, konkrete Unterstützung, um den täglichen Touristenansturm zu bewältigen, habe es aber nicht gegeben. Man fühle sich weiter alleingelassen.

Landeshauptmann Kompatscher sauer

Die Landeshauptmannschaft hält dagegen. „Das Drehkreuz auf der Seceda in Gröden ist unserer Meinung nach sicherlich nicht legal, da es in einem geschützten Gebiet installiert werden müsste, und daher immer noch eine Landschaftsgenehmigung benötigt. Es liegt jedoch in der Verantwortung des Bürgermeisters, einzugreifen“, sagt Arno Kompatscher gegenüber „Alto Adige“. Sollte die Gemeinde St. Christina nicht reagieren, habe die „Landeslandschaftsschutzbehörde die Befugnis, einzugreifen, denn es ist nicht möglich, dass jeder einfach irgendwo einen Pfosten aufstellt“.

Empört über das Verhalten ist auch Carlo Alberto Zanella, Präsident des Alpenvereins Südtirol (CAI). Er hatte Anfang Juli mit einem Facebook-Post auf das Drehkreuz aufmerksam gemacht und die kontroverse Diskussion um den „Bite-and-Run“-Tourismus, von dem immer mehr Tourismusorte betroffen sind, angestoßen. „Ich möchte nicht, dass Südtirol zum Drehkreuzparadies wird, wenn dieses Modell zum Vorbild wird. Es ist undenkbar, dass jeder Eigentümer von Grundstücken, die von einem Touristenweg durchquert werden, eine Maut erhebt“, sagt Zanella gegenüber „Alto Adige“.

Seceda-Bahn-Betreiber will Infrastruktur ausbauen

Einen ganz anderen Weg schlägt indes der Besitzer der Seceda-Seilbahn vor. Statt über Begrenzung zu sprechen, solle die Infrastruktur angepasst werden, berichtet „Südtirol News“ - sprich eine Vergrößerung der Straßen sowie eine Ausweitung der Parkplatz- und Seilbahn-Kapazitäten.

Für Kompatscher gibt es keine einheitliche Lösung. Ziel müsse es sein, einen Mix aus Maßnahmen, der Reservierungssysteme, Slot-Systeme inklusive begrenzter Besucherzahlen und Höchstgrenzen, digitale Informationssysteme und Apps zu etablieren. Zudem müsse eine Infrastruktur aufgebaut werden, damit diese Systeme funktionieren. Man müsse Wege finden, diese neuen Situationen zu bewältigen und gleichzeitig die Umwelt, die Anrainer und sogar den traditionellen Tourismus zu schützen, wird der Landeshauptmann zitiert. Ob sich mit diesen Ankündigungen die Grundbesitzer auf der Seceda bis dahin zufriedengeben werden, bleibt fraglich.