Weiterhin wird in und um Bremervörde (Niedersachsen) fieberhaft und verzweifelt nach dem sechsjährigen Arian gesucht. Seit Montagabend fehlt von dem autistischen Buben jede Spur. Sogar der Kärntner Suchtrupp K-9 Pro Vermisstensuche ist vor Ort. Das Kind verschwand, wie Aufnahmen einer Überwachungskamera zeigen, allein aus seinem Elternhaus im norddeutschen Bremervörde und ging in Richtung eines angrenzenden Waldes. Nach Angaben der Polizei ist Arian Autist und reagiert nicht auf Ansprachen.

Daher haben Helfer nun Zettel mit Tipps verteilt, die hilfreich sein sollen:

  • Wenn Adrian sich ausruht, wird er sich vermutlich zudecken, auch den Kopf! Das heißt: Auch in Laubhaufen, vielleicht sogar größeren und frischen Erdhügeln nachschauen.
  • Er könnte sich von dem ernähren, was er in der Natur findet: Zweige, Blätter, Gras. Der Tipp: auf Pflückspuren achten.
  • Arian ist Autist, spricht nicht, versteht aber Sprache. Rufe von Fremden könnten eine Angstreaktion bei ihm auslösen.
  • Wer Arian findet: Nur als Einzelperson auf ihn zugehen, sich auf die gleiche Höhe wie das Kind begeben (hinlegen, hinhocken). Nicht berühren! Wenn er liegt, bitte liegen lassen: Es könnte ein medizinischer Notfall vorliegen.
  • Kein Jubel, wenn das Kind gefunden wird. Arian sollte klar und ruhig angesprochen werden. In etwa so: „Ich bringe dich nach Hause zu Mama.“

Wie seine Eltern bekannt gaben, wollte der Bub möglicherweise „ein großes Abenteuer“ erleben: „Wir glauben, dass Arian sich auf den Weg gemacht hat, um ein großes Abenteuer zu erleben“, heißt es in einer Nachricht, die die Polizei Rotenburg in Sozialen Medien veröffentlichte. Der Sechsjährige sei ein „sportlicher, geschickter“ Bub, der „sehr gut klettern“ könne und viel Energie habe. Seine Eltern gehen daher davon aus, dass er es bis nach Hechthausen geschafft haben könnte, das mehr als 16 Kilometer von seinem Heimatdorf Elm bei Bremervörde entfernt liegt. Auch entferntere Nachbargemeinden kämen in Frage.

„Ungewöhnliche Orte“

Um sich zwischendurch auszuruhen, könnte Arian verschiedene Verstecke gewählt haben, heißt es in der Nachricht weiter. Aus diesem Grund werden die Anwohner der genannten Gemeinden gebeten, ihre Grundstücke, Garagen, Stallungen und Plätze mit Stroh oder Heu „regelmäßig“ zu durchsuchen. In Betracht kommen „auch ungewöhnliche“ Orte wie Misthaufen, große Rohre oder Dachböden.

In der Nacht von Freitag auf Samstag änderten die Einsatzkräfte nun ihre Strategie. In vorherigen Nächten wurde unter anderem Feuerwerk abgebrannt, da der Bub dies möge. Eine Polizeisprecherin hatte am Freitagabend angekündigt, dass nun eine sogenannte leise Strategie angewandt werden soll – also eine Suche ohne Feuerwerk oder Musik. Die Taktik werde mit vielen besprochen, unter anderem auch mit einer Expertin für Autismus, sagte die Sprecherin. Neben der aktiven Suche wird auch versucht, Arian aus einem möglichen Versteck zu locken. Dafür wurden im Suchgebiet Luftballons, Süßigkeiten und Trinkflaschen verteilt. 

Nachtsichtgeräte und Wärmebildkameras

Die deutsche Bundeswehr sollte in der Nacht auf Samstag mit rund 200 Soldaten nach dem Buben suchen. Dabei sollen Nachtsichtgeräte und Wärmebildkameras unterstützen, die Soldaten sollen in kleinen Gruppen unterwegs sein. Weniger Kräfte bei der Suche einzusetzen oder diese nach mehreren Tagen einzustellen, ist laut Polizei weiterhin keine Option. „Auf gar keinen Fall“, betonte Polizeisprecherin Sara Mehnen, obwohl sie weiß: „Die Zeit spielt gegen uns.“

Laut Polizeisprecherin haben zahlreiche Passanten und Anrainer Hilfe bei der Suche des Buben angeboten. Die Polizei richtete eine Telefonnummer für Hinweise oder Hilfsangebote ein.

Sorge, dass Arian ertrunken sein könnte

Am Freitag konzentrierte sich der Einsatz auf die Gegend nordwestlich von Elm. Die Suche dort lief auch entlang des Flusses Oste. Groß ist die Sorge, dass der Bub ins Wasser gefallen und ertrunken sein könnte. Zudem waren die Retter abermals in dem Ortsteil unterwegs. Scheunen und Garagen wurden durchsucht. Die Gemeinde hatte außerdem die für Freitag geplante Müllabfuhr abgesagt.

Unterdessen stockte die Bundeswehr ihre Unterstützung auf. Die Bundeswehr hatte sich schon in den vergangenen Tagen an der Suche beteiligt – etwa mit einem Tornado-Flugzeug, das Aufnahmen mit einer Wärmebildkamera erstellte. Auch Drohnen und ein Hubschrauber waren in der Luft.

Verschiedenen Suchstrategien

In der Hoffnung, Arian lebend zu finden, versuchte die Polizei in den vergangenen Tagen bereits verschiedene Strategien. „Wir haben wieder neue Suchkorridore eingerichtet und suchen dort, allerdings nicht mit den langen Polizei- oder Personenketten, sondern in kleineren Gruppen“, sagte Sprecher Heiner van der Werp. Das Kind ist nur mit einem längeren Pullover, einer Jogginghose und Socken bekleidet.

Bereits in der Nacht auf Freitag habe die Polizei einige Aktionen durchgeführt, um die Aufmerksamkeit des Kindes zu erregen. So seien mit sogenannten Skybeamern Lichtkegel an den nächtlichen Himmel geworfen worden. „Auf so etwas reagiert der Bub möglicherweise positiv“, hoffte der Polizeisprecher davor. Über Lautsprecher seien bis zum frühen Morgen auch Kinderlieder im Suchgebiet abgespielt worden.

Lernen von vergangenen Vermisstenfällen

Helfen könnten den Einsatzkräften auch Erkenntnisse aus vergangenen Vermisstenfällen – darunter auch der Fall eines tagelang vermissten Achtjährigen aus Oldenburg 2022. Damals hatte sich ein geistig behindertes Kind in einem Kanalsystem verirrt. Ein Spaziergänger hatte nach acht Tagen Suche ein leises Wimmern aus einem Kanaldeckel gehört - nur wenige hundert Meter vom Elternhaus des Kindes entfernt. Der Bub wurde unverletzt gerettet.

„Wir haben Ermittler, die durchgehend die Spurenauswertung machen und sich natürlich auch andere Fälle angucken“, sagte Polizeisprecherin Mehnen. Dazu zähle auch dieser Fall aus Oldenburg. Auch eine Expertin für Autismus, die die Polizei bei der Suche nach Arian berate, habe sich speziell zu diesem Fall informiert.